: Nicht bloß oberflächlich schön
HAUTPFLEGE Auf der Vivaness sind ethische Kriterien der Naturkosmetik Thema. Kritisch betrachtet werden vegane Produkte, weil sie oft nicht ökologisch sind
Drogeriemärkte haben eigene Bioecken und in den Großstädten werben schicke Beauty-Stores mit green-glam-Duftbars und Make-up: Längst haben grüne Kosmetika und Körperpflegemittel die Reformhausnische verlassen; sie sind heute ganz selbstverständlich Bestandteil des Kosmetikmarktes, erhältlich im Luxuskaufhaus ebenso wie im Discounter.
Die Reichweite von Naturkosmetik wächst rund um den Globus, und besonders in Deutschland. Laut Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) verzeichnete der Markt für kontrollierte Naturkosmetik hierzulande im ersten Halbjahr 2013 einen Zuwachs von gut 10 Prozent. Und die Prognosen sind weiterhin gut. „Immer mehr Menschen entscheiden sich bewusst für nachhaltige Produkte, davon profitiert auch die Naturkosmetik“, sagt Branchenexpertin Elfriede Dambacher. Gefragt seien neben den deutschen Pionieren wie Dr. Hauschka, Weleda, Lavera und Santé zunehmend auch internationale Marken.
Gleichzeitig verschieben sich die Parameter, die eine Kaufentscheidung herbeiführen: Während es den Konsumenten in den 1980er Jahren vorwiegend um ökologische Aspekte gegangen ist, um natürliche und pflanzliche Inhaltsstoffe, legen sie heute zunehmend Wert auf faire und ethische Produktionsbedingungen. Glaubwürdigkeit ist ein entscheidendes Kaufkriterium. Dazu trägt das Internet seinen Teil bei: Über Facebook und Twitter verbreiten sich kleine und große Skandale rasend schnell.
Konventionelle Unternehmen, die auf der grünen Welle mitsurfen wollen, um sich den lukrativen Markt der Naturkosmetik zu erschließen, bekommen das zu spüren. So sah sich der Kosmetikrise Beiersdorf letztes Jahr gezwungen, eine Pflegelinie von Nivea namens „pure and natural“ in „Natural Balance“ umzubenennen, weil sie Inhaltsstoffe enthielt, die in der Naturkosmetik nicht erlaubt sind. Verbraucherschützer und Blogger hatten gegen das Greenwashing protestiert, der WDR griff das Thema auf.
Dabei ist die Branche durchaus offen, was innovative Substanzen anbelangt. Aktuell arbeitet man daran, aus tierischem Material effektive Wirkstoffkomplexe zu entwickeln, etwa maritimes Kollagen aus Fischen. Daran stören sich allerdings Veganer, die als Zielgruppe zunehmend ins Visier der Naturkosmetikbranche geraten. Den neuen Trend zu veganen Kosmetik Produkten sehen Experten durchaus kritisch, denn tierische Rohstoffe wie Bienenwachs, Honig oder Lanolin werden dann gelegentlich mit synthetischen Stoffen auf Mineralölbasis ersetzt. Eine Creme, die anstatt Wollfett Paraffin enthält – ein Nebenprodukt der Erdölverarbeitung – hat mit natürlicher Kosmetik aber nichts zu tun. ULRIKE SCHATTENMANN
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