schurians runde welten
: Wollt ihr die totale Dominanz?

„Er musste lachen, wenn er hörte, wie jemand sagte: Gehen Sie morgen auch zum Fußballspiel?“ (Peter Bichsel)

Eine meiner Lieblingsgeschichten erzählt von einem alten einsamen Mann, so alt und einsam, dass es kaum lohnt, ihn zu beschreiben. Nach einem Spaziergang kehrt der Mann in seine Wohnung zurück und ändert sein Leben. Zum Bett sagt er Bild, zum Schrank Zeitung und zum Mann Fuß. Natürlich geht die Kurzgeschichte von Peter Bichsel nicht gut aus: Mit dem neuen Wortschatz wird der alte Mann sprachlos – er und die Welt verstehen sich nicht mehr.

Heute sind es nicht die Alten, sondern junge Kreative, die den Dingen neue Namen verpassen, so dass wir nicht mehr wissen, was der Bochumer Philipp Böning meint, wenn er sagt, „in punkto Teamgeist kann ich mir nicht vorstellen, dass es einen Club gibt, wo es zugeht wie bei uns“. Anders gefragt: Werden die Kinder bald Teamgeist sagen, wenn sie einen Fußball sehen?

Oder wissen sie, dass nur ein ganz bestimmter Ball so genannt wird, dessen einzelne Flicken übrigens der Augenmaske von Comicfigur „The Spirit“ nachempfunden wurden? Es ist da nur ein schwacher Trost, dass Spirit-Zeichner Will Eisner später vor allem gegen Rassismus und Antisemitismus anzeichnete.

Kurz vor der Bundesligasaison hat sich jedenfalls auch Schalke für die Sprachverwirrung entschieden. Der Verein spielt weiter mit der Adidas-Teamgeist-Kugel und das Vokabular des Ausrüsters hat offenbar Eindruck mächtig gemacht. Mirko Slomka und sein Trainerstab versuchen etwas ganz ähnliches.

Auf die Trainingshemden wurde markig „Totale Dominanz“ gedruckt. Werden die Kinder also irgendwann „Totale Dominanz“ sagen, wenn sie Schalker Spieler sehen? Oder wissen sie, dass das nur eine lächerliche Aktion von übergeschnappten Sportlehrern war, an die nur dann erinnert wird, wenn auf Schalke mal wieder verloren wurde...

4.8. Dortmund – Emden

Dortmunds zweite Mannschaft wird in der heute startenden Regionalliga Nord kaum dominieren. Wenn das junge Aufsteigerteam ordentlich mitspielt, sind alle Beteiligten zufrieden. Dass es sich trotzdem lohnt, Jungborussen zu beobachten, bewies schon Dokumentarfilmer Christoph Hübner mit dem Film „Die Champions“ über die Träume von Jugendfußballern. Francis Bugri, einer der Protagonisten des Streifens von 2003, spielte noch bis Sommer für den heutigen Gegner Kickers Emden, sein aktueller Verein ist leider unbekannt. Ein einstiger Film- und Teamkamerad hat dafür richtig Karriere gemacht: Heiko Hesse arbeitet jetzt als Statistikexperte für den Chef der Weltbank.CHRISTOPH SCHURIAN