Berliner Platte 2
: Bindungsverdrossenheit und Orientierungslosigkeit bei Kinn

Kinn: „Karlshorst“ (Sinnbus/ Alive!)

Der avantgardistische Klangkünstler scheint es nicht lange mit seinesgleichen auszuhalten. Die ständig wechselnden Konstellationen und neuen Kooperationen deuten darauf hin, dass in der Branche Bindungsverdrossenheit herrscht. Auch mit den bisherigen Kreativpartnern der drei Musiker, die sich zu Kinn zusammengetan haben, ließe sich das Telefonbuch eines mittelgroßen Städtchens füllen. Arg verkürzt: Marcel Türkowsky spielt sonst Bass bei Masonne, Jan Thoben sitzt bei Gaston und Taunus am Schlagzeug und Frank Schültge Blumm ist vor allem als F.S.Blumm bekannt, lässt seine Gitarre aber auch in anderen Zusammenhängen erklingen. Diese klassische Triobesetzung wird auf dem ersten Album „Karlshorst“ nur selten aufgebrochen durch Gimmicks wie die Geräusche eines Ruderboots. Meistens improvisieren die drei zwar konzentriert, aber wie traumverloren. Ohne Ziel scheint die Musik vor sich hin zu rollen, sich wohl zu fühlen in ihrer Orientierungslosigkeit. Manchmal lässt Blumm schier endlos seine Gitarre einfach klingen, und Kinn forschen den Klängen hinter dem Klang nach. So allerdings gerät diese Musik, die den Zuhörer doch ganz einfangen will, mitunter dann doch zur Soundtapete. TO