sächsische seenlandschaft von WIGLAF DROSTE
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Wasser ist mein Lieblingselement, man wirft sich hinein, und alles ist eins mit allem. Schwümmn ist gottvoll; es muss allerdings Natur sein – gechlortes Wasser geht nicht, es rötet das Auge, zerjuckt die Haut und peinigt die Atemwege. Und so singen wir im Chor: / Tschüssi, Tschüssikowski, Chlor!

Mit Seen aber stehe ich auf bestem Fuß. Im Nassen ist Leben, also jede Menge los – sogar in brandenburgischen Binnengewässern. Dort lernte ich schon vor Jahren schwimmend den Hodenhecht kennen; zart tangierte er meinen Sack. Auch der Anusaal, die Vorhautforelle und der Brustspitzenbarsch machten mir ihre Aufwartung, und die barrdenden Darrmen erfreute der Klitoriskarpfen. Das war sehr schön, ich vergaß direkt, dass ich in Brandenburg war, im scheußlichen, ödblöden Preußen. Und im wie gemalt vor sich hin liegenden Mecklenburg hatte ich mich sogar fest mit der wunderbaren Mösenmaräne befreundet, das gestaltete sich höchst aufregend.

Nun galt es, die sächsische Seenlandschaft zu erkunden. Täglich hieß es: Das ersehnte Gewitter zog an Lei / pzig auch heute wieder vorbei. So ging es mit dem Gazelle-Fahrrad wasserwärts. Heiß war es, kochend heiß, ich fühlte mich wie ein glühender Tauchsieder, der, kaum zu Wasser gelassen, den See in einer gewaltigen Dampfwolke weg- und davonzischen würde. Das Seeufer wurde belagert von einer großen Menge tätowierter Darrmen und Herren; viele der buntgenadelten Körper sahen aus wie Häuserfassaden, die besonders ideenlosen und stümperhaften Graffiti-Sprayern in die Hände gefallen waren. Wie scharrde. Grünblau metallisch aber hubschrauberten Libellen direkt überm Wasser, kleine Fische knupperten an meinen Beinhaaren herum, einer von ihnen sprang auch einmal an Land, aufs Trockene, wurde aber sachte auf die Hand genommen und gerettet.

Gazelle, Libelle, Fischlein – als Mensch hat man vergleichsweise die Arschkarte gezogen. Und als wie prächtig erwies sich bald die Vielfalt des Fischlebens im sächsischen See! Zehen- und Zungenkusszander schwammen munter, ein Harnröhrenheilbutt stellte sich vor, einen Hämorrhoidenhai im Schlepptau hinter sich herziehend, selbst der seltene Rektalrochen ließ sich blicken. Ein Schwarm Schwanzsprotten blinkte vorbei, die zarte, bildschöne Scheidenschleie gab sich die Ehre und wies eher vulgäre Popoplötzen und Skrotumstinte in ihre Schranken. Elegant zog die Schamlippenscholle ihre Kreise, selbst der äußerst rare Vulvawels wurde gesichtet. Aus dem Brandenburger Anusaal war in Sachsen der Arschaal geworden, der mir grienend zuraunte: „Zierst du dich, dann ist der Arsch ab!“

Während ich all die herrlichen Fische bewunderte und mit ihnen schwamm, stieg eine Badende ins Wasser, eine Venus, schritt durch den angenehm grobkörnigen Fußpeelingsand des Kleinliebenauer Sees und rief staunend aus: „Isses denn möglich: eine Fotzenflunder!“ Ich wurde scharlachrot – Fotzenflunder, das hätte ich als Mann mich niemals zu sagen getraut. „Penispiranhaaaa …!“, rief ich noch und versank im See.

Und dann schwiegen, auf die Schnelle / Mensch und Fischchen und Gazelle.