HRW rügt Israels Armee

Human Rights Watch wirft Israel „systematisches Versagen“ vor. Armee schließt Kana-Untersuchung ab

BERLIN afp/taz ■ Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) hat schwere Vorwürfe gegen die israelische Armee (IDF) erhoben. Seit Beginn der Kampfhandlungen im Libanon hätten Soldaten wiederholt dabei versagt, zwischen Kämpfern und Zivilisten zu unterscheiden. Damit habe Israel einen der fundamentalsten Grundsätze des Kriegsrechts verletzt: Angriffe ausschließlich auf militärische Ziele zu richten, heißt es im HRW-Report, der Untersuchungen im Kriegsgebiet vom 12. bis 30. Juli dokumentiert.

Zwar habe die israelische Regierung stets erklärt, alle möglichen Vorkehrungen zu treffen, um das Risiko für Zivilisten gering zu halten. Aber das Muster der dokumentierten Fälle deute eher darauf hin, dass es sich um ein „systematisches Versagen“ der IDF handle. Ihre Häufigkeit und Schwere wiesen auf Kriegsverbrechen hin, so HRW.

Seit Beginn des Konflikts habe die IDF beständig ihre Boden- und Luftangriffe mit begrenztem oder zweifelhaftem militärischem Gewinn betrieben. In Dutzenden Fällen hätten die Truppen ein Gebiet beschossen, in dem sich offensichtlich kein militärisches Ziel befunden habe. In einigen Fällen legten Zeitpunkt und Intensität des Angriffs, das Fehlen eines militärischen Ziels sowie Attacken auf Flüchtlinge den Verdacht nahe, dass die IDF absichtlich auf Zivilisten zielten, berichtet HRW weiter.

Inzwischen hat die israelische Armee den tödlichen Luftangriff auf Kana untersucht. Danach ging die IDF davon aus, dass im anvisierten Gebäude keine Zivilisten wohnten, sondern dass sich dort „Terroristen“ versteckt hätten, hieß es im internen Ermittlungsbericht an Verteidigungsminister Amir Peretz, der gestern auszugsweise veröffentlicht wurde. Nach Angaben des staatlichen Krankenhauses in der libanesischen Hafenstadt Tyrus wurden nach dem Bombardement 28 Menschen für tot erklärt. Weitere 9 Personen waren verletzt dort eingeliefert worden. HRW zufolge bezog sich die ursprüngliche Angabe von 56 Toten auf eine Meldeliste, wonach 63 Menschen im unterirdischen Schutzraum Zuflucht gesucht hatten.