IN DER U-BAHN
: Wild gemustert

Das Brandenburger Tor auf der Scheibe ist fehlerhaft

Sitze ich in der U-Bahn und sehe die Werbung am Fenster kleben, fange ich an, die Buchstaben auf meinem Bein unauffällig mit dem Finger nachzuzeichnen. Vielleicht habe ich so etwas wie einen Geometriefaible. Oder einen Design-Tick, denn unlesbare Schriften und unlogische Grafiken nerven mich. Leider ist die U-Bahn voll davon.

Ich meine nicht die hingekritzelten Tags, die Zeichnungen der Graffitimenschen. Ich meine die BVG, die nicht nur über keinerlei Sinn für Ästhetik verfügt, sondern auch wenig für Geografie übrig hat. Die Warschauer Straße liegt eher im Osten der Stadt. Die Uhlandstraße hingegen eher im Westen. Beide liegen etwa auf gleicher Höhe. Was die beiden Straßen auf einer geraden horizontalen Linie verbindet, ist die U1. Doch schaut man sich die Pläne in den Wagons an, sind die Warschauer Straße darauf ganz links und die Uhlandstraße ganz rechts, also entgegen ihrer geografischen Position in der Stadt, abgebildet.

Es sei kleinlich, sich darüber aufzuregen? Nein, Moment, es geht noch weiter, wenn ich aus dem Fenster schaue. Das Brandenburger Tor dort auf der Scheibe ist fehlerhaft. Die zweite Säule von links oder rechts, je nachdem, wie die Folie auf das Glas geklebt ist, stimmt nicht. Sie ist perspektivisch falsch gezeichnet. Wie konnten das Designer, BVG-Verantwortliche und Druckerei damals übersehen?

2008 beschloss die BVG, die Fenster der U-Bahnen mit einem Muster zu bekleben, die effektiver als durchsichtige Folie das Glas vor Kratzern schützen soll. Ähnlich wie die wild gemusterten Sitzbezüge, auf denen das Bemalen und Herumkritzeln keinen Spaß macht, sollte auch die Zerkratzrate mit der zigfachen Ausführung des Brandenburger Tors sinken. Eigentlich eine gute Idee, würde es gegen das Gekritzel helfen. Aber wie gesagt, das Gekritzel ist nicht das Problem. Das zeichne ich gerne mit dem Finger nach. SVENJA BEDNARCZYK