WAS BISHER GESCHAH (6)
: Unperfekte Audi-Welt

An zwei Neuerungen auf dem Berlinale-Gelände hat man sich nun, am Tag sechs der Filmfestspiele, schon so sehr gewöhnt, dass sie längst ganz selbstverständlich geworden sind. Wenn man sich etwa fünfzig Meter vor den roten Teppich des Berlinale-Palastes postiert, etwa da wo die Autogrammjäger auf die großen Stars warten, kann man sie beide im Blick behalten: rechts die neue Audi-Lounge und links den ebenso neuen Street-Food-Market. Eigentlich tragen sie beide dazu bei, den Potsdamer Platz etwas lebendiger zu machen.

Bei der Audi-Lounge hat man allerdings das Gefühl: Ein bisschen tut sie das wider eigenen Willen. Denn bei diesem zweistöckigen Pavillon, der für die Berlinalezeit hier postiert wurde, ist längst nicht alles so clean und perfekt, wie man es bei einem deutschen Weltkonzern erwartet hätte. Das macht die Sache irgendwo sympathisch. Mal funktioniert das WLAN nicht, dann ist die Kaffeemaschine kaputt. Kleine Pannen, die die irgendwo wie geklont aussehenden Hostessen mit individuell freundlichen Gesten des Bedauerns begleiten. Gerade das Nichtperfekte passt ja ganz gut zu Berlin.

Überhaupt ist diese PR-Maßnahme – Audi hat dieses Jahr als Sponsor die Berlinale-Fahrdienste von BMW übernommen – vielschichtiger, als man zunächst dachte. Dass ein Konzern mit viel Geld sich kulturelles Kapital erwerben würde, indem er Journalisten mit Weißwein und Häppchen bei guter Laune hält, hatte man erwartet. Klar, das machen sie da auch tatsächlich. Aber eben nicht nur. Außerdem haben sie sich auch noch Sachen ausgedacht: Podiumsgespräche, gute DJs. Das hat sogar Stil – wenn man mal von dem künstlichen Kamin absieht, der in den Pavillon miteingebaut wurde. Vielleicht haben sie den auch direkt von der letzten IAA-Dependance in den Berlinale-Pavillon integriert.

Der Street-Food-Market, ein paar Dutzend Meter von der Audi-Lounge entfernt, hat dagegen etwas Grassrootshaftes. Die Berlinale arbeitet hier mit der Markthalle Neun, einer fair-ökologischen Initiative in Kreuberg, zusammen. In fünf Wagen, wie man sie von Wochenmärkten kennt, werden Cappuccino angeboten und koreanische Ramen-Nudelsuppen, Käsespätzle, Shrimps und irgendwas mexikanisches Burgerartiges, dessen Namen ich mir nicht gemerkt habe (das aber gut schmeckt). Bisschen teuer, aber alles sorgfältig gemacht und szenegerecht serviert: Man muss halt auf Englisch bestellen, wie vielerorts in Kreuzberg ja auch. So ein Angebot wurde auf dem Festivalgelände auch Zeit. So muss man nicht mehr immer nur zu Starbucks latschen.

Unperfekter Konzern-Glamour und perfektes alternativkulturaffines Catering (im Arsenal gibt es noch einen Stand der Kreuzberger Initiative Prinzessinnengärten) – auf der Berlinale passt das, stellt man fest, ganz gut zusammen. DIRK KNIPPHALS