Wenn Diplomaten nur noch Jeans und Sandalen tragen

ISRAEL Ein ungewöhnlicher Arbeitskampf sorgt für Peinlichkeiten – mit dem Mossad als Streikbrecher

AUS JERUSALEM SUSANNE KNAUL

Wer denkt, dass Israels außenpolitische Beziehungen zum Rest der Welt nicht schlechter werden können, als sie ohnehin schon sind, muss sich in diesen Tagen eines Besseren belehren lassen. Grund dafür ist eine Reihe peinlicher Pannen als Konsequenz von Arbeitskampfmaßnahmen im Außenamt. Kein staatliches Fahrzeug für den bulgarischen Außenminister, der nach seinem Besuch in Yad Vashem stattdessen in einen Leihwagen steigen musste, kein roter Teppich für den russischen Außenminister bei seiner Ankunft am Flughafen. Besonders schmerzlich wird die Reise nach Israel der First Lady Estlands in Erinnerung bleiben. Die Frau des Präsidenten wurde schlicht in einem Restaurant sitzengelassen. Dass Premier Benjamin Netanjahus Abreise nach Griechenland am Montag weitgehend problemlos verlief, verdankt er dem Mossad, der anstelle des Außenministeriums für den reibungslosen Ablauf am Flughafen sorgte.

Die berüchtigte Spionageorganisation betätigte sich als Streikbrecher und zog sich damit den Zorn der Mitarbeiter des Außenamts zu. Botschaften und Konsulate wollen ab sofort die Kosten für Mossad-Mitarbeiter nicht mehr übernehmen. Und laut Ha’aretz will das Außenamt auch die Löhne für die Angestellten des Mossad nicht mehr auszahlen. Die Gewerkschaft ließ verlauten, dass der Mossad mit „seiner Hilfe beim Streikbruch“ diese Reaktion erzwungen habe. Auch bei Visumanträgen und der Ausstellung diplomatischer Papiere wollen die Diplomaten nicht mehr kooperieren, sondern nur noch in Fällen, in denen es „um Leben und Tod geht“, wie Ha’aretz kolportiert.

Ausgangspunkt des Streiks war die Forderung nach einer Angleichung der Gehälter an die der Mitarbeiter des Verteidigungsministeriums. Vor gut sechs Monaten begann das öffentliche Gemurre. Ihren Unmut demonstrierten zunächst die Mitarbeiter, die repräsentative Aufgaben zu erfüllen haben. Sie erschienen in Jeans und Sandalen zur Arbeit. Als das nicht fruchtete, ließen die Fahrer ihre Wagen in der Garage: Die hohen Staatsgäste aus Estland und Bulgarien hatten das Nachsehen.