Nachwuchsteam für Ankara

Der Weddinger Oberligist BAK will hoch hinaus. Das Geld dafür liefert der türkische Erstligist Ankaraspor. Der erhofft sich dadurch den Zugriff auf talentierte Spieler

Kadir Özdogan wirkt auf der Tribüne des Jahnsportparks glücklich wie seine Spieler, die sich auf dem Rasen herzen. Mit 2:1 hat der BAK zum Oberliga-Auftakt den Weddinger Erzrivalen SV Yesilyurt bezwungen. Ein kleines Fußballwunder ist geschehen. „Bis vergangenen Mittwoch hatten wir noch keine Mannschaft“, erzählt BAK-Manager Özdogan im Gefühl des Triumphes.

Fast zwei neue Mannschaften hat der Verein verpflichtet, um nicht wieder gegen den Abstieg kämpfen zu müssen. Für die meisten Verstärkungen fehlen jedoch noch die Freigaben durch den Verband, weil der Verein die Unterlagen zu spät eingereicht hat. „Wir haben geschlafen“, gesteht Özdogan.

Bisher stand der Name „Berliner Athletik-Klub“ für Irrungen und Wirrungen im Amateurfußball an der Spree. Wenige Fans, kaum Sponsoren, dafür umso mehr Kurioses: Mal verabschiedeten sich bis auf ein Bestattungsunternehmen alle Geldgeber; mal wurde in Wettbüros eine Partie der Weddinger wegen Manipulationsverdacht vom Zockerzettel gestrichen. Ein Versuch, den Verein – in Anlehnung an Berlusconis AC Mailand – in „Athletik-Club Berlin“ umzutaufen, um von dem Krankenkassen-Kürzel BAK loszukommen, misslang.

Jetzt haben die Weddinger ihren Namen tatsächlich geändert: BAK steht ab dieser Saison für „Berlin Ankaraspor Kulübü“. Die rot-weißen Farben des 99 Jahre alten Clubs mit dem geflügelten Ballemblem sind königlichem Blau mit einem majestätischen Leoparden als Wappentier gewichen.

„Wir wollen vorn mitspielen“, verkündet forsch der zweite Vorsitzende Mehmet Ali Han. Der Bauunternehmer gilt als Drahtzieher eines kuriosen Deals zwischen dem Berliner Nobody und dem türkischen Superliga-Club und Namensgeber Ankaraspor: Der Goliath aus Kleinasien hat den preußischen David unter seine Fittiche genommen und will mit ihm hoch hinaus.

„In zwei Jahren wollen wir in der Regionalliga spielen. In fünf Jahren streben wir den Aufstieg in die 2. Bundesliga an“, verkündete Deriya Akkar, Generalmanager einer türkischen Investorengruppe, die die Weddinger Kickergilde im Frühjahr vor dem sicher scheinenden Ruin rettete.

Als Präsident des Joint-Venture-Unternehmens fungiert Ahmet Gökcek, Sohn des Bürgermeisters von Ankara, Melih Gökcek, der wiederum Ankaraspor in der Türkei vorsteht. Da Gökcek Junior kein Deutsch spricht, dient er wohl nur als Visitenkarte.

Der deutsch-türkische Kulübü soll angeblich mit einem stolzen Saisonetat von 800.000 Euro kalkulieren. Aus Graz kam Torhüter Heinz Lienhart, aus Chemnitz heuerte Nigerias Exnationalspieler Chibuike Okeke an, Kenan Arayici (Altay Izmir) folgte – Akteure, die mehr als Oberliga-Niveau versprechen. Allein vom Lokalrivalen Yesilyurt wechselten fünf Leistungsträger. „Solange wir unser Geld bekommen, kann es uns recht sein“, sagt dessen Manager, Gökmen Ilkyaz.

Und wofür das alles? „Wir wollen Talente ausbilden für Ankaraspor in der ersten türkischen Liga“, antwortet Han. In einer ganzseitigen Anzeige in der Fußball-Woche dient sich der neue BAK als Durchlauferhitzer an für Newcomer, die die Welt erobern wollen. „Ist es nicht euer Traum, in der türkischen Superliga zu spielen?“, heißt es darin.

Manager Özdogan sind diese verbalen Höhenflüge nach den handwerklichen Fehlern beim Oberliga-Start offenbar eher peinlich. „Wir müssen auf die Bremse drücken. Bei uns fehlt noch sehr, sehr viel.“

UWE EBENHÖH