berliner szenen Pornos beim Ladyfest

Madame und Eva

„Du siehst aus, als wolltest du Pornos gucken“, sagt Laura Méritt zu Hedi und grinst. Hedi steht im Türrahmen einer Privatwohnung in Berlin-Kreuzberg. Sie kommt aus Hilterfingen in der Schweiz und ist an solche Offenherzigkeit nicht gewohnt. Hedi betritt Méritts Wohnzimmer. An der Wand hängt das Aktbild zweier eng umschlungener Frauen. Auf einem Ledersofa sitzt eine muntere Lesbe und blättert in einem Fotoalbum. In fast jeder Ecke steht eine Buddhafigur. Bücher mit den Titeln „Sexarbeit“, „Sie liebt sie“, „Animösitäten und Sexkapaden“ liegen rum. Hedi hat ein bisschen Schiss. Sie ist beim Porn-Watching-Workshop des Ladyfests gelandet. Laura Méritt zeigt Ausschnitte aus Filmen, die aus der Ecke Queer-Feminist-Porn stammen. Méritt ist selbsternannte Dildo-Dealerin, feministische Linguistin und Autorin.

Hedi stolpert in ein anderes Zimmer, einen kleinen Sexspielzeugladen voller Dildos, Vibratoren, Stoff-Vulven und Leder-Boxern. Hedi staunt, wird neugierig, überlegt kurz, sich zu verkleiden. Irgendwann fasst sie neuen Mut, kehrt ins Wohnzimmer zurück. An die 30 Frauen sind inzwischen eingetroffen. Gezeigt werden Ausschnitte aus „Latex Hearts“, „Airport“, „Madam & Eve“, „Dirty Pillows“. Der Markt ist klein, das Budget der Filme low, Ästhetiken und Qualität verschieden. Alte Klischees werden überbrückt, neue geschaffen. Die Dramaturgie gibt, im Gegensatz zu heterosexuellen Pornos, eine Rahmengeschichte vor.

Die Filme haben Sinn für Humor. Méritt auch. Sie legt die Hemmungen, die ihr Wohnzimmer belagern, ab. Der Kreis bleibt trotzdem geschlossen: Der einzige männliche Zuschauer ist nach fünf Minuten verschwunden. Später im Lift guckt Hedi in den Spiegel. Ob sie jetzt anders ausschaut? ARIANE VON GRAFFENRIED