Das große Geheimnis der Großen Koalition

FALL EDATHY CSU-Minister Friedrich und die SPD-Spitzen Gabriel, Steinmeier und Oppermann wussten seit Oktober von Ermittlungen gegen Edathy. Wer noch?

BERLIN taz | Jetzt steht mögliche Strafvereitelung im Raum. Nachdem bekannt wurde, dass der frühere Innenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und die SPD-Spitze bereits seit Oktober über Ermittlungen gegen den SPD-Politiker Sebastian Edathy informiert waren, stellt sich die Frage: Wurde Edathy vor den Ermittlern gewarnt?

Laut SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann hatte Friedrich bereits während der Koalitionsverhandlungen SPD-Chef Sigmar Gabriel über den Vorgang informiert. Dieser habe wiederum den damaligen Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier und Oppermann, damals parlamentarischer Geschäftsführer, Bescheid gegeben. Seit Dezember war auch die Geschäftsführerin Christine Lambrecht informiert. Diese hatte am Dienstag noch behauptet, von den Verdächtigungen gegen Edathy nur aus der Presse zu wissen.

Vor allem Friedrich, inzwischen Landwirtschaftsminister, steht nun unter Beschuss. Die Berliner Staatsanwaltschaft bestätigte der taz, dass sie eine mögliche Verletzung von Dienstgeheimnissen prüft. Auch Ermittler äußerten sich empört. Bei ihren Durchsuchungen sollen sie nur noch einen funktionstüchtigen PC und zerstörte Festplatten gefunden haben.

Die Grüne Irene Mihalic sprach von einer „höchst problematischen Vorwarnung“ Friedrichs. Der Vorgang sei strafrechtlich zu prüfen. Schleswig-Holsteins Innenminister Andreas Breitner (SPD) forderte den Rücktritt Friedrichs: „Wenn ein Bundesinnenminister in einem Ermittlungsverfahren das Umfeld eines Beschuldigten über das Verfahren selbst informiert, dann ist er für ein Kabinett völlig untragbar.“

Am Montag hatte die Staatsanwaltschaft Hannover die Wohnung und Büros von Edathy durchsuchen lassen. Zu den Gründen äußert sie sich bisher nicht. Edathy selbst bestritt, dass er im Besitz kinderpornografischer Schriften gewesen sei, und betonte, er habe sich nicht strafbar gemacht. KO, US

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