Blogger besiegen die Chefs von Duisburg

INTERNET Oberbürgermeister Adolf Sauerland (CDU) wollte gegen Autoren vorgehen, die Dokumente über die Loveparade online gestellt hatten. Viele Webseiten folgten diesem Beispiel – bis die Stadt aufgab

BERLIN taz | Gesprächsnotizen, Genehmigungen, Ermahnungsschreiben, Sicherheitskonzepte – was die Betreiber von xtranews.de online gestellt haben, gibt tiefe Einblicke in den Ablauf der Planung der Loveparade in den vergangenen Monaten. Das hat auch die Stadt Duisburg gemerkt und beim Landgericht Köln eine einstweilige Verfügung gegen die Blogger erwirkt, wie ein Sprecher der Stadt am Mittwoch bestätigte. Die Dokumente enthielten personenbezogene Daten, ist die Begründung für die Verfügung. „Es ist ein Skandal, dass der selbst ernannte Chefaufklärer Sauerland gegen uns vorgeht“, sagte Stefan Meiners von xtranews der taz.

Es geht um 43 Anlagen zu einem Zwischenbericht der Stadt zur Frage der Zuständigkeiten für die Sicherheit bei der Loveparade. Der Zwischenbericht, erstellt von Anwälten der Stadt, war vor etwa zwei Wochen dem Innenausschuss des Landtags vorgelegt worden und entlastet die Stadt.

Xtranews ist kein klassisches Nachrichtenportal, sondern eine Bloggerseite, die „user generated news“ aus Duisburg und Umgebung zusammenstellt. „Wir berichten nicht nur über das, was die Ticker hergeben, sondern auch darüber, worüber die Leute mit uns reden“, sagt Meiners. Für sein Team ist das Bloggen ein Freizeitvergnügen. Meiners findet, dass sie auf jeden Fall gerichtlich gegen die einstweilige Verfügung vorgehen müssen, aber „das ist für uns natürlich auch eine finanzielle Frage“.

Die Dokumente, um die es geht, seien ihnen auf einer CD aus dem Landtag zugespielt worden. xtranews habe mit mehreren Ratsmitgliedern gesprochen, keines hätte die Unterlagen zuvor zu Gesicht bekommen. „Die Unterlagen werfen jede Menge Fragen auf, und wir haben uns entschieden, sie zu veröffentlichen, weil die Öffentlichkeit an der Aufklärung beteiligt sein sollte“, sagte Meiners. Die Dokumente sind von der Seite verschwunden, stattdessen machten andere Webseiten sie zugänglich. Davor kapitulierte Duisburg dann am Mittwochabend. Die unkontrollierbare Verbreitung sei faktisch nicht mehr zu unterbinden, sagte ein Sprecher. Die Stadt wolle keine weiteren juristischen Schritte unternehmen.

FRAUKE BÖGER

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