Ministerium schützt Soldaten vor Schwulen

Schwulenverbände und die Landesgrünen kritisieren die Bundeswehr: Staatssekretär Friedbert Pflüger (CDU) findet die Entscheidung korrekt, SoldatInnen auf der Durchreise nicht in homosexuell geprägten Vierteln unterzubringen

KÖLN taz ■ Die schwule Szene in Nordrhein-Westfalen fühlt sich von Bundeswehr und Verteidigungsministerium (BMVg) diskriminiert. Als „hinterwäldlerisch“ bezeichnet Klaus Jetz, Geschäftsführer des Lesben- und Schwulenverbands in NRW (LSVD), die Antwort des Verteidigungsstaatssekretärs Friedbert Pflüger (CDU) auf eine Anfrage des grünen Bundestagsabgeordneten Volker Beck.

Pflüger hatte die Entscheidung verteidigt, ein Kölner Hotel aus einem Empfehlungsverzeichnis zu streichen, weil es in einem Schwulenviertel liegt. „Das ist ein Fall für das Antidiskriminierungsgesetz“, sagt Jetz. In der schriftlichen Antwort hatte Pflüger Ende vergangener Woche erklärt, das Verteidigungsministerium halte sich zwar an das Gleichbehandlungsgesetz, aber: „Das Auftreten in Uniform (...) in einer einschlägig geprägter Umgebung könnte sich auf das Ansehen der Bundeswehr nachteilig auswirken.“ Diese Einstellung, so Jetz, erinnere an den „Mief der 50er Jahre“. Verwunderlich sei, dass ausgerechnet Friedbert Pflüger hinter dem Vorgehen stehe, der sich bereits auf dem Berliner Christopher Street Day gegen die Diskriminierung von Schwulen eingesetzt habe – dies freilich aus wahltaktischen Gründen, da er bei der kommenden Wahl in Berlin Regierender Bürgermeister werden will. „Dahinter stecken ganz klar konservative Berührungsängste“, so Jetz.

Der grüne NRW-Vorsitzende Arndt Klocke kritisiert, Pflüger schade mit solchen Vorurteilen dem Ruf der Bundeswehr: „Dass Herr Pflüger diesen Erlass absegnet, ist wirr.“ Klocke erinnert daran, dass die Bundeswehr inzwischen eine Antidiskriminierungsrichtlinie angenommen habe. Hinter der Entscheidung, ihre Soldaten trotzdem von Homosexuellen fernzuhalten, stecke „das Klischee, dass Schwule und Lesben grundsätzlich andere Menschen verführen“, vermutet Klocke. Er fordert, die Entscheidung zurückzunehmen.

Ohnehin, sagt Jetz, habe er von Beschwerden von Soldaten noch nichts gehört. Die Schwulenkneipen hätten außerdem nur nachts auf. „Natürlich trifft man trotzdem mal Schwule oder Menschen in Lederkluft auf der Straße“, sagt der LSVD-Geschäftsführer aus Köln. Dort gebe es zahlreiche Schwulenviertel. „Dann müsste die Bundeswehr auch das Maritimhotel oder das neu gebaute Intercontinental-Hotel von ihrer Liste nehmen, um ihre Soldaten von den Szenen fernzuhalten“, so Jetz.

Auch Ute Lahm, Geschäftsführerin des betroffenen Hotels „Heinzelmännchen“ in der Kölner Altstadt, wunderte sich, als auf einmal die Buchungen der Bundeswehr ausblieben. Das Hotel hatte bisher häufig durchreisende SoldatInnen beherbergt. Erst ein Beschwerdebrief an den Bundestag ergab, dass die ausbleibenden Buchungen nichts mit Service oder Ausstattung zu tun hatten. „Die Begründung war, unser Hotel würde in einem homosexuellen Viertel liegen“, so Lahm. Darüber hätte sich aber bisher nie ein Gast beschwert.

Im Verteidigungsministerium kann man die Aufregung nicht verstehen. SoldatInnen hätten sich beschwert, an Sexshops und Schwulenbars vorbeigehen zu müssen, heißt es aus dem Ministerium. Daher hätte man die Empfehlung für das Hotel von der Liste gestrichen. Hinter der Entscheidung steckt aber offenbar eine allgemeine Linie: Wie ein Mitarbeiter des Ministeriums erklärt, möchte die Bundeswehr keine Hotels empfehlen, die in unmittelbarer Nähe zu einschlägig bekannten Etablissements liegen. Auf Nachfrage teilt man mit: Dazu gehörten die Prostituierten-, Drogen- und eben auch die Schwulenszene.MORITZ SCHRÖDER