Mittendrin, aber nicht dabei

ZWERGSTAAT Außerhalb Europas kaum bekannt, wird Liechtenstein höchstens als Steueroase wahrgenommen – ist aber eigentlich ganz fein

■ Jahrgang 1965, Pharmakologe, freier Journalist und Kritiker des „Neurohypes“ aus Liechtenstein, studierte Pharmazie an der Universität Bern und promovierte über die Psychopharmakologie halluzinogener Pilze. 2012 erschien von ihm das Buch „Neuromythologie: Eine Streitschrift gegen die Deutungsmacht der Hirnforschung“ (Transcript Verlag). Auf dem taz.lab diskutiert er zusammen mit Jan Feddersen über die Rolle von Liechtenstein in Europa. (sor)

taz.lab: Herr Hasler, was ist dieses Exotikum namens Liechtenstein – Teil Europas, eine Art Monaco in den Alpen?

Felix Hasler: Liechtenstein ist erst einmal ein historischer Anachronismus. Entgegen dem Klischee kommt einem aber kein Prinz auf der Kutsche entgegen. Liechtenstein ist längst ein normaler moderner Staat mitten in Europa, vergleichbar mit der Schweiz oder Österreich, nur viel kleiner. Und außerdem ein bemerkenswerter Finanzplatz.

Fühlt es sich gut an, Liechtensteiner zu sein?

Unaufgeregt, denn ich bin dort vor bald 30 Jahren weggezogen. „Selten“ fühlen geht nicht, aber neutral – oft exotisch.

Wie ist das, wenn Sie nach längerer Zeit in Liechtenstein sind?

Ein harter Kontrast zum Leben hier in Berlin. Manchmal komme ich mir wie in einer unfreiwilligen Realsatire vor. Etwa als ich kürzlich im Bus saß und man in den „Breaking News“ meldete: Liechtenstein hatte in irgendeiner Sportart mal wieder 8:0 verloren …

wahrscheinlich im Fußball.

Gut möglich. Weiter wurde von einem Autounfall auf einer Landstraße berichtet, bei dem eine Frau verletzt und eine Kuh getötet wurde. Drittens, dass die USA mit Sanktionen gegen Liechtenstein gedroht hätten. Das ist Liechtenstein in Kurzfassung.

Ist es nicht kränkend, dass Länder wie Liechtenstein gern übersehen werden?

Das ist das Dilemma von Kleinstaaten – wenn sie nicht gerade so glamourös sind wie Monaco. Man wird bisweilen nicht ernst genommen. Aber wie sollte es anders sein bei einer Einwohnerzahl von gerade mal 35.000?

Kritiker sagen, Liechtenstein sei ein Hehlernatiönchen.

Und Deutschland eine Steuerhinterziehernation? Verallgemeinerungen sind schwierig. Aber dass Liechtenstein an globalen Finanzflüssen lange Zeit gut verdient hat, ist nicht zu bestreiten. JAN FEDDERSEN