Hoffnung im Ostfriesischen

Arbeitslose GeisteswissenschaftlerInnen finden in Emden neue Perspektiven: Die Projekte „Musealog“ und „Regialog“ qualifizieren sie für neue Jobs, die Vermittlungsquote beträgt immerhin 70 Prozent. Ein Gespräch mit der „Regialog“-Absolventin Julia Paschert

In Emden werden seit Jahren Weiterbildungsmaßnahmen für arbeitslose GeisteswissenschaftlerInnen entwickelt. Träger ist der „Verein zum Erfassen, Erschließen und Erhalten der historischen Sachkultur im Weser-Ems-Gebiet“. Neben „Musealog“ mit seinem Schwerpunkt auf Qualifizierung im Bereich EDV und Inventarisierung bietet „Regialog“ eine achtmonatige Ausbildung zum „Fachreferenten für Kulturtourismus und -marketing“. Projektpartner sind 15 Museen und Tourismuseinrichtungen im Nordwesten.

taz: Bramsche hat neben den „Räuber und Gendarm“-Installationen zur Varusschlacht auch ein Tuchmacher Museum: Dort waren Sie für den „Kultur-Marketing-Management-Prozess“ zuständig. Musste das so heißen?

Julia Paschert: Wenn man nur „Werbung“ sagt, hat das einen negativen Touch. Ich habe konkret untersucht, warum der Familienanteil bei den Besuchern unter zehn Prozent lag. Obwohl wir kein Kunstmuseum sind.

Und – woran lag’s?

Für Senioren ist das Museum gut ausgestattet, es gibt kurze „Komfort-Führungen“ mit Sitzmöglichkeiten. Also habe ich zusätzlich eine Familien-Rallye und einen speziellen Flyer entwickelt und Sponsoren dafür gefunden.

Das klingt, als ob Sie die Vorzeige-Absolventin wären.

Ja – schlimm, nicht? Aber ich hatte perfekte Arbeitsbedingungen und es war dringend notwendig, etwas für die Kinder anzubieten. Viele denken tatsächlich, dass Wolle auf den Bäumen wächst.

Zum Konzept von „Regialog“ gehört, dass Sie nicht nur im Museum, sondern auch im Stadtmarketing gearbeitet haben. War das bereichernd?

Es stimmt leider schon, dass da verschiedene Sprachen gesprochen werden. Beim Stadtmarketing, das ansonsten für Aktivitäten wie das Stadtfest und den Weihnachtsmarkt zuständig ist, muss der Profit an erster Stelle stehen. In Bezug auf das Museum galt dort die Devise: Es soll etwas gemacht werden, aber es darf nichts kosten.

Eine Ihrer Kolleginnen hat ein Würfelspiel zur kindgerechten touristischen Erschließung des ostfriesischen Krummhörn entwickelt, andere haben ein multimediales Besucherinformationssystem für das Bremer Übersee-Museum vorangebracht. Warum haben Sie sich für Bramsche als Arbeitsort entschieden?

Das war Zufall, ich wusste nicht mal, dass es im Osnabrücker Land liegt. Es musste schnell gehen, weil ich erst zwei Tage vor Beginn meinen „Bildungsgutschein“ in den Händen hatte.

Ihren was?

Bildungsgutschein. Den gibt es von der Agentur für Arbeit, die die Ausbildung bezahlt. Den zu kriegen war der reinste Psychoterror.

„Regialog“ wirbt mit einer Vermittlungsquote von über 70 Prozent. Haben Sie schon einen neuen Job?

Nein. Aber immerhin hat mich eine interessante Institution in Hannover zur Bewerbung aufgefordert – da habe ich am Montag ein Vorstellungsgespräch.

INTERVIEW: HENNING BLEYL