archäologie
: Bad unten, Kohl oben

Helmut Kohl, Altbundeskanzler, ist mit Leib und Magen Historiker. Seine Doktorarbeit schrieb er über die Entstehung der CDU in Rheinland-Pfalz – an der er übrigens maßgeblich beteiligt war. Ob es ihm die Römer ebenso angetan haben, ist nicht bekannt. Sicher ist heute, dass er 16 Jahren lang auf einem archäologischen Schatz regiert hat.

Unter seinem zweiten Wohnzimmer, dem Bonner Kanzleramt, ist jetzt eine öffentliche Badeanstalt der Römer entdeckt worden, die vor 2.000 Jahren noch in Betrieb gewesen sein soll. Eine Wellnessoase, die ihresgleichen sucht: sprudelndes Wasser, Fußbodenheizung und erwärmte Wände. Zwei Fußballfelder groß ist die Grabungsstätte. Sie hat auch zu Tage gefördert, dass das Regierungsviertel der Bonner Republik genau auf einer römischen Siedlung mit knapp 2.000 Einwohnern gebaut wurde. Der rund 800 Meter lange Vicus, wie Archäologen eine solche zivile römische Ansiedlung nennen, lag an der heutigen Bundesstraße 9, die schon damals die Hauptverkehrsstraße zwischen Koblenz und Köln war. Sie reichte bis zum Rheinufer hinunter, an dem viele Jahre später ein Herr Fischer mit dem Joggen begann. Aber wir driften ab.

Kohl hätte an dem Bad sicher Freude gehabt. Legendär das Paparazzofoto des Kanzlers in Badehose. Aber irgendwie konnte er den Verlockungen lange widerstehen. Er war der einzige Kanzler, bei dem es 16 Jahre gedauert hat, bis er historisch gesehen baden ging. Falls Angela Merkel dieser Wunsch überkommen sollte, steht ihr nur die Spree zur Verfügung. THORSTEN DENKLER