Störfall im Landesministerium

Nach dem Beinahe-GAU im schwedischen Forsmark hat sich Niedersachsens Umweltminister bei den Untersuchungen der Reaktoren in seinem Bundesland sehr entspannt gezeigt. Das nahm ihm auch Bundesumweltminister Sigmar Gabriel übel

AUS HANNOVER JÜRGEN VOGES

Der niedersächsische Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) hat im Zusammenhang mit dem Störfall im schwedischen Atommeiler Forsmark Kritik von allen Seiten auf sich gezogen. SPD-Fraktionschef Wolfgang Jüttner warf Sander „grob fahrlässiges Verhalten“ vor. Niedersachsen habe sich als einziges Bundesland bei der Überprüfung allein auf Betreiberangaben verlassen, alle anderen Länder hätten zusätzlich unabhängige Gutachter beauftragt. Ein Verhalten, das auch Bundesumweltminister Sigmar Gabriel als unangemessen einstufte. Der niedersächsische Grünen-Fraktionschef Stefan Wenzel sprach von einem „Persilschein“ Sanders für die AKW-Betreiber und forderte Ministerpräsident Wulff auf, den „Saustall im Umweltministerium auszumisten“.

Für Sander waren die Konsequenzen aus dem Störfall in Forsmark nur eine Äußerung am Rande wert, als er am Dienstag zusammen mit dem Ministerpräsidenten Christian Wulff den ersten „Nachhaltigkeitsbericht“ des Landes vorstellte. Man habe die Stellungnahmen der Betreiber der niedersächsischen AKWs geprüft, meinte der FDP-Politiker: „Man kann sicherheitstechnisch den Unternehmen nichts vorwerfen.“ Dann verwies Sander noch auf technische Unterschiede zwischen den drei niedersächsischen Reaktoren und dem schwedischen und meinte: „ Es ist nicht notwendig, in Niedersachsen noch weitere Überprüfungen vorzunehmen.“

Ähnlich äußerte sich Sanders Haus am gleichen Tag auch gegenüber dem Bundesumweltministerium, das vorher von den Ländern eine Stellungnahme zu dem Störfall angefordert hatte. Sanders Ministerium übersandte aber schlicht die Stellungnahmen der Betreiber der drei AKWs Emsland, Grohnde und Unterweser nach Berlin und schrieb dazu, in den Stellungnahmen würden die Fragen des Bundesumweltministeriums beantwortet. „Ich habe die Stellungsnahmen geprüft und schließe mich der sicherheitstechnischen Bewertung an“, hieß es wörtlich.

Andere Bundesländer wie Bayern, Hessen und Baden-Württemberg beauftragten hingegen TÜV-Mitarbeiter mit der Untersuchung .Die Sprecherin des niedersächsischen Umweltministerium bemühte sich gestern um Schadensbegrenzung: „Der Prüfauftrag an die niedersächsische AKW-Betreiber ist auch in Kopie an den TÜV gegangen.“

Nach Meinung der schleswig-holsteinischen Sozialministerin Gitta Trauernicht (SPD), die das gleiche Ressort einst auch im niedersächsischen Kabinett Gabriel bekleidete, hat sich aber auch der Bundesumweltminister nach dem Störfall nicht mit Ruhm bekleckert. Trauernicht mahnte in einem langen Brief an Gabriel bei künftigen Störfällen eine schnellere Reaktion des Bundes und einen besseren Informationsfluss zu den Ländern an. Als Schleswig-Holstein den ersten Brief aus Berlin zu dem Störfall erhielt, waren in Kiel Vertreter von Vattenfall in gleicher Sache schon einbestellt und erstatteten Bericht.