EU-Kommission zeigt der Schweiz die Zähne

KOOPERATION Zwischen der Schweiz und der Europäischen Union werden in den kommenden Monaten viele gemeinsame Projekte auf Eis gelegt werden. Die Schweiz wird darunter mehr leiden als die EU

BRÜSSEL/BERLIN afp/taz | Erstmals hat die Europäische Kommission der Schweiz die Konsequenzen ihres fremdenfeindlichen Verhaltens vor Augen geführt. Auf die Schweizer Ablehnung, das fertig ausgearbeitete Arbeitsmarktabkommen mit dem EU-Neumitglied Kroatien zu unterzeichnen, hat die Kommission unmittelbar reagiert. Die Verhandlungen über eine Beteiligung der Schweiz an den europäischen Bildungs- und Forschungsprogrammen wurden ausgesetzt. Dies betrifft unmittelbar das Austauschprogramm Erasmus plus für Studenten und Auszubildende sowie das Forschungsprogramm Horizon 2020. Für den Zeitraum von 2014 bis 2020 sind im Programm Horizon rund 80 Milliarden Euro und im Erasmus-Programm knapp 15 Milliarden Euro aufgelegt. Die Beteiligung der Schweiz an diesen Programmen sei „an den freien Personenverkehr geknüpft“, erklärte Kommissionssprecher Joe Hennon in Brüssel. „Der freie Personenverkehr zwischen der EU und der Schweiz ist ein Grundprinzip, das wir nicht in Frage stellen wollen“, stellte Hennon klar.

Die Schweizer hatten am 9. Februar bei einem Referendum mit einer knappen Mehrheit von 50,3 Prozent entschieden, die Zuwanderung aus der Europäischen Union zu begrenzen. Am Samstag hatte das Schweizer Justizministerium mitgeteilt, in Folge der Volksabstimmung werde das geplante Abkommen zur Öffnung des Schweizer Arbeitsmarktes für Kroatien gestoppt.

Die Schweiz ist kein Mitglied der Europäischen Union, doch hatten EU-Bürger bisher freien Zugang zum Arbeitsmarkt des Landes. Die Kroaten sollten binnen eines Jahrzehnts ebenfalls freien Zugang zu Schweizer Jobs erhalten. Im Sommer 2014 müssten zudem alle EU-Staaten, die 2004 beigetreten sind, freien Zugang zum Schweizer Arbeitsmarkt erhalten.

Die Regierung in Bern will bis Ende Juni einen Plan vorlegen, wie die Volksabstimmung in Gesetze gefasst werden soll. EU-Bürger werden dann nicht mehr einfach in die Schweiz umziehen können, um dort zu arbeiten. Die Sozialdemokraten (SP) wollen dagegen die Abstimmung vom 9. Februar wieder aushebeln. Sobald die bilateralen Verträge mit der EU gekündigt werden müssten, müsse das Volk erneut wählen können zwischen der Umsetzung der Initiative und der Sicherung des bilateralen Wegs, sagte SP-Chef Christian Levrat. GB