Kritik an Ministerin Schröder

ENGAGEMENT Der Vorschlag der Familienministerin stößt bei fast allen großen Trägern auf Vorbehalte

Auch der Koalitionspartner FDP fordert, frei werdende Mittel aus dem Zivildienst in die Freiwilligendienste zu investieren. Die Dienste müssten gestärkt werden

BERLIN taz | Fast alle großen Träger lehnen einen staatlich organisierten freiwilligen Zivildienst ab. Stattdessen sollten die bereits bestehenden Freiwilligendienste ausgebaut werden, die von den freien Trägern selbst verwaltet werden. Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) hatte am Montag vorgeschlagen, im Falle der Aussetzung der Wehrpflicht einen freiwilligen Zivildienst zu schaffen und dazu das Bundesamt für den Zivildienst zu erhalten.

Der größte Träger für Zivildienstleistende, die Diakonie, sowie die Caritas, das Deutsche Rote Kreuz und die Arbeiterwohlfahrt sprechen sich gegen Schröders Vorschlag eines staatlich verwalteten Zivildienstes aus. Freiwilligendienste wie das Freiwillige Soziale und Ökologische Jahr werden bislang von den Trägern selbst organisiert. „Diese bewährte Trägerschaft sollte man weiter stärken“, sagte Kerstin Griese von der Diakonie der taz. Dies bedeute auch eine Stärkung der Zivilgesellschaft. Caritas-Präsident Peter Neher betont, dass staatliche Zivildienststrukturen als „unnötige Parallelstruktur“ nicht sinnvoll seien.

Ministerin Schröder geht davon aus, dass die freiwilligen Zivis künftig etwa 500 Euro pro Monat verdienen könnten. Freiwillige im Sozialen Jahr erhalten dagegen nur 150 Euro. Griese befürchtet daher, dass die Freiwilligendienste durch den staatlichen Zivildienst ausgehöhlt würden. Einzig der Paritätische Wohlfahrtsverband begrüßt den Vorschlag von der Bundesfamilienministerin. Allerdings müssten die Freiwilligendienste stärker gefördert werden. Der Bund solle die Bildung und pädagogische Begleitung der Freiwilligen künftig mit 150 statt 70 Euro fördern, sagte Eberhard Jüttner, Vorsitzender des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes. Zudem müssten alle Freiwilligen gefördert werden und nicht nur ein Drittel wie bislang.

Der Bund fördert derzeit nur die pädagogische Begleitung der Freiwilligendienste und nicht etwa ein monatliches Taschengeld, weil sie nach herrschender juristischer Auffassung in die Zuständigkeit der Bundesländer fallen. Daher ist fraglich, wie frei werdende Mittel aus dem Zivildienst für den Ausbau der Freiwilligendienste genutzt werden können. Der jugendpolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion, Kai Gehring, sagt, Ministerin Schröder müsse in dieser Frage auf die Länder zugehen.Wenn es einen politischen Willen gebe, gebe es in der Regel auch einen Weg.Auch der Koalitionspartner FDP fordert, einen Teil der frei werdenden Mittel aus dem Zivildienst in die Freiwilligendienste zu investieren. Die Dienste müssten quantitativ und qualitativ gestärkt werden, durch einen Ausbau der Plätze und etwa eine Anhebung der Förderpauschalen, sagte der Zivildienstexperte der FDP-Fraktion, Florian Bernschneider.

Bundesfamilienministerin Schröder strebt an, mit dem freiwilligen Zivildienst im Falle einer Aussetzung der Wehrpflicht etwa eine Zahl von 35.000 freiwilligen Zivis zu erreichen.

KARIN SCHÄDLER