Kleine Häppchen mit weitem Blick

Die SPD im Bezirk Eimsbüttel will das Ufer des Isebekkanals umgestalten, um es attraktiver zu machen. Kritiker befürchten jedoch, dass dadurch die Mieten steigen und die Natur verdrängt werden dürfte. Ein Spaziergang

VON PHILIPP RATFISCH

Wer vom Weidenstieg in den kleinen Sandweg einbiegt, der sieht erst einmal grün. Hier beginnt der Isebekkanal, der sich mit seinen wild bewucherten Ufern bis zur Hoheluftchaussee erstreckt. Auf dem Uferpfad vertreten sich Eimsbüttler die Beine: Spaziergänger, Jogger und Fahrradfahrer sind in Scharen unterwegs.

Vom Wasser hätten sie wegen der dichten Böschung und dem davor stehenden Zaun jedoch nicht viel, meint Anne Schum. „Sie können teilweise Hunderte von Metern dort entlang gehen, ohne mitzubekommen, dass Sie sich an einem Kanal befinden“, moniert die Bezirksabgeordnete der SPD. Ihre Fraktion plant daher schon seit längerer Zeit, das Isebek-Ufer umzugestalten. Ziel: Den Anwohnern und Nutzern der angrenzenden Parkanlage den Zugang zum Kanal zu ermöglichen und die Attraktivität des Gebietes zu steigern.

Über das Wie wird seitdem gestritten. Der ursprüngliche, mit Hilfe der BGF Landschaftsarchitekten angefertigte Entwurf sah im Frühjahr 2005 an vier Schwerpunkten erhebliche Veränderungen vor: Am Weidenstieg, der Osterstraßenbrücke, den Kaifu-Wiesen und der Hoheluftbrücke sollten weite Terrassen, Sitzstufen, öffentliche Bootsliegeplätze und Stege gebaut werden. Ein Boule- und ein Grillplatz waren vorgesehen, ebenso ein Amphitheater am Weidenstieg. Die heutigen Sandpfade sollten durch feste Wege ersetzt werden. Zudem sollten um die entstehenden „Quartiersplätze“ an Weidenstieg und Hoheluftbrücke sowie an der Osterstraße mehrere Neubauten entstehen. „Ise-Promenade“ taufte die SPD das Projekt.

Gegen den Entwurf regte sich Widerstand: Naturschützer kritisierten die Abholzung von bis zu 250 Bäumen und Sträuchern, die mit den Maßnahmen verbunden wären. Die wilde Uferböschung bietet vor allem den etwa 70 Vogelarten Schutz. Aus diesen Gründen stand auch der Koalitionspartner GAL dem Entwurf kritisch gegenüber. „Wir haben sehr schnell gesagt: Wir sind gegen jegliche Verbauungs- und Versiegelungsvorhaben“, so Silke Bluhm von der GAL.

Auch Wolfgang Böttcher von der CDU lehnt die Vorhaben als „Phantasiepläne“ ab und kritisiert den Eingriff in die Natur. Die „Ise-Promenade“ sei nicht mit den Bebauungsplänen abgestimmt. Und ein Amphitheater würde die Anwohner stören.

Noch ganz andere Bedenken hat Regina Behrendt, Gründungsmitglied der Bürgerinitiative gegen die Bebauung des nahe gelegenen Sparbier-Sportplatzes (taz berichtete): Sie fürchtet, durch die Neugestaltung der Parkanlage und die Errichtung neuer Wohnhäuser könnten die Mieten in der Umgebung steigen. „Dann werden die derzeitigen Anwohner verdrängt“, so Behrendt. „Gegen eine Verschönerung haben wir natürlich nichts. Aber neue Wohnhäuser braucht man da eigentlich nicht“, sagt sie. Ihre Vermutung: „Das soll eine lukrative Ecke werden.“

SPD-Frau Schum wehrt ab: „Wir haben kein Interesse an einer Yuppisierung der Gegend.“ Von dem ursprünglichen Entwurf ist ihre Fraktion inzwischen abgerückt – wegen der Proteste, aber auch eigener Bedenken. „70 Prozent des ursprünglichen Plans sind schon wieder weg“, beschwichtigt sie. So soll es an der Hoheluftbrücke und an der Osterstraße nun keine zusätzlichen Gebäude geben. „Das wurde auch innerhalb der Fraktion abgelehnt.“ Sie verweist darauf, dass ihre Partei das Vorhaben im Vorfeld ausgiebig öffentlich diskutiert habe und dies auch weiterhin tun werde. Der erste Entwurf hat für Schum trotzdem seinen Wert: „Man muss groß anfangen, um den Blick zu weiten. Wenn man dann sieht, was die Bürger vor Ort möchten, muss man wieder zurückschrauben.“

Ihre Fraktion will das Projekt nun in „kleine Häppchen“ unterteilen und diese einzeln diskutieren. In einem ersten Schritt soll der Anfangsbereich der Isebek am Weidenstieg umgestaltet werden – ohne das Amphitheater. Die bereits vorhandene Treppe zum Ufer und der dort gelegene zugewucherte kleine Platz sollen „in Ordnung gebracht“, das Geländer entfernt werden. Daneben soll ein kleiner Kanu-Anleger entstehen. Die anderen Fraktionen der Bezirksversammlung haben bereits Zustimmung signalisiert.

Die Finanzierung des Projekts ist allerdings noch nicht geklärt. Auf 40.000 Euro schätzt die SPD die anfallenden Kosten für die Umgestaltung am Weidenstieg. Anne Schum will sich für Mittel aus dem Sonderinvestitionsprogramm des Senats einsetzen. „Es ist mir daran gelegen, dass wir den ersten Schritt ohne private Gelder machen“, so Schum. Für die spätere Gestaltung des Platzes am Weidenstieg und auch die weiteren Abschnitte der „Ise-Promenade“ könne man darüber nachdenken, Sponsoren zu gewinnen. Im Gespräch ist, Stege durch Geschäftsleute und andere Privatpersonen mitfinanzieren zu lassen. Aber: „Alles soll öffentlich und für jeden zugänglich bleiben“, sagt Schum.

Private Investoren will die Sozialdemokratin nur für die Gestaltung der beiden Enden des Kanals ins Boot holen, wo der Senat ohnehin den Verkauf von zwei Grundstücken plant. „Wir wollen sicherstellen, dass das Geld wieder im Stadtteil investiert wird“, so Schum.

Silke Bluhm von der GAL sagt, die SPD habe inzwischen zugesichert, „dass das südliche Ufer überhaupt nicht angetastet wird“. Was mit dem nördlichen passiere, sei offen. Als nächstes will sich die SPD des Parkeingangs an der Hoheluftbrücke annehmen – einen Arbeitskreis gibt es bereits.