Offiziere in Kolumbien halten die Hand auf

KOLUMBIEN Eine Zeitschrift enthüllt großangelegte Korruption bei führenden Streitkräften. Bis zu 50 Prozent der Gesamtsumme von Großaufträgen sollen Offiziere in die eigene Tasche gesteckt haben

BUENOS AIRES taz | Führende kolumbianische Militärs haben mindestens zwei Jahre lang an Großaufträgen der Streitkräfte mitverdient. Das berichtet die Wochenzeitung Semana am Sonntag. Offenbar ein Treffer: Am Montag trat der stellvertretende Oberbefehlshaber der Streitkräfte, General Javier Rey, von seinem Posten zurück.

Reys Name taucht zwar nicht konkret als Zuwendungsempfänger auf, aber aus dem Inhalt mehrerer hundert Stunden Mitschnitten von Telefongesprächen schließt Semana, dass sich vor allem ranghohe Militärs der verschiedenen Waffengattungen in den Jahren 2012 und 2013 bei Großaufträgen bis zu 50 Prozent der Auftragssumme in die eigenen Taschen gesteckt hatten.

Die Aufnahmen, die Semana nach eigenen Angaben als Kopie vorliegen, lagerten bei der Ermittlungs- und Anklagekommission des Kongresses. Daraus veröffentliche das Magazin auch einen Tonbandmitschnitt, bei dem der Oberbefehlshaber der Streitkräfte, General Leonardo Barrero, sich abfällig über die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zu den als „falsos positivos“ bekanntgewordenen Mordfällen äußert. Dabei ging es um Zivilisten, die von Militärs ermordet, dann in Guerillauniformen gesteckt und als getötete Farc-Kämpfer ausgegeben worden waren, um entsprechende Prämien zu kassieren.

„Schließt euch wie eine Mafia zusammen, macht die Staatsanwälte schlecht und diesen ganzen Popelkram“, so Barrero in einem Telefongespräch mit dem wegen Mordverdacht in Haft sitzenden Oberst Robinson González del Río. Barrero hatte die Echtheit des Gesprächs am Sonntag bestätigt und sich entschuldigt.

Verteidigungsminister Juan Carlos Pinzón versuchte die Veröffentlichungen herunterzuspielen. Bei der Überprüfung der Aufträge seien allerdings tatsächlich Ungereimtheiten festgestellt worden. JÜRGEN VOGT