die taz vor 19 jahren über deutsche reaktionen auf europäische autobahngebühren
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Die Republik tobt: Nach Italien, Frankreich und der Schweiz will jetzt auch Belgien von „uns“ Autobahn-Gebühren kassieren. Als Revanche-Foul überlegt Verkehrsminister Warnke Gegenmaßnahmen. Bayerische Spitzenpolitiker fordern schon lange, daß Ausländer auf deutschen Autobahnen löhnen sollen.

Mittelalterlicher Wegezoll und nationalistische Kleinstaaterei im Freien Europa – freie Fahrt für geschröpfte Bürger. Andererseits: Das Autofahren teurer zu machen, ist eine alte und im Grunde berechtigte Forderung ökologischer Verkehrsplanung. Warum? Der Autofahrer bezahlt nur etwa ein Drittel der von ihm verursachten gesellschaftlichen Kosten. Auf 40 Milliarden Mark werden allein die jährlichen Autounfall-Folgekosten beziffert. Nur 15 Milliarden davon tragen die Auto-Versicherer – den Rest die Krankenkassen und damit jeder Fußgänger und Radfahrer.

Ob Straßenbau und Straßenunterhaltung, Wald- und Gebäudeschäden – die vom Auto verursachten Kosten werden stets auf die Allgemeinheit abgewälzt. Mineralöl- und Kfz-Steuer decken nur einen Teil der Kosten. Der Schweizer Verkehrsclub hat ausgerechnet, daß der Benzinpreis, wenn man damit die gesellschaftlichen Kosten des Autoverkehrs auffangen wollte, fünf Fränkli betragen würde. Aber dann würde doch niemand mehr Auto fahren. Eben! Autobahn-Gebühren sind aber sicher der falsche Weg, um das Autofahren teurer zu machen. Sie würden den Verkehr lediglich auf die unfallträchtigen Landstraßen und Ortsdurchfahrten treiben.

Den bayerischen Spitzenpolitikern sei indes noch gesagt, daß Autobahngebühren für Ausländer sicherlich noch erträglicher sind als AIDS-Tests für dieselben.

Manfred Kriener, taz vom 14. 8. 1987