Einigung über Regierung

In Tschechien wollen die Sozialdemokraten nun doch eine Minderheitsregierung der Bürgerdemokraten tolerieren

PRAG taz ■ Über zehn Wochen nach den Wahlen zeichnet sich in Tschechien eine Regierungsbildung ab. Nach langem Hin und Her und sechs erfolglosen Wahlgängen wird das tschechische Parlament heute einen neuen Präsidenten wählen. Darauf haben sich die Chefs der parlamentarischen Parteien geeinigt. Der Parlamentspräsident, so die Abmachung, wird ein Sozialdemokrat. Dafür tolerieren die Sozis (CSSD) eine Minderheitsregierung der Bürgerdemokraten (ODS). Die Wahlen hatten im tschechischen Parlament eine Pattsituation von 100:100 Stimmen hervorgebracht.

Die Verfassung schreibt vor, dass erst ein Parlamentspräsident gewählt werden muss, bevor die alte Regierung ab- und eine neue antreten darf. Für den Wahlsieger, den ODS-Vorsitzenden Mirek Topolánek, bedeutete dies, dass er mit seinem Erzfeind, dem Noch-Ministerpräsidenten und CSSD-Vorsitzenden Jiří Paroubek eine Einigung erzielen musste.

Vor allem, nachdem Präsident Václav Klaus ihm das Ultimatum stellte, endlich mit der CSSD zu verhandeln. Er könne sonst auch Paroubek mit der Regierungsbildung beauftragen, ließ Klaus die hadernden Politbosse wissen. Ein Eingeständnis, das Topolánek zu Zugeständnissen bereit machte. Und Paroubeks Ego, das durch die verlorenen Wahlen etwas angeschlagen ist, streichelte.

Bei einem Treffen mit Klaus am Wochenende haben sich die Parteivorsitzenden – zu denen noch die ODS-Verbündeten der Grünen und Christdemokraten (KDU-CSL) und die Kommunisten (KSCM) gehören und zusammen mit der CSSD den linken Block bilden, nun geeinigt. Die ODS darf eine Minderheitsregierung stellen, die CSSD erhält dafür den Posten des Parlamentspräsidenten. Als weiteres Zugeständnis an die CSSD hat die ODS einige Kabinettsposten für parteilose Experten reserviert. Dafür fordert sie aber eine Tolerierung ihrer Regierung über gesamte Legislaturperiode.

Wenn er schon Topolánek als Ministerpräsidenten tolerieren soll, will Paroubek wenigstens den Posten des Parlamentspräsidenten. Den Job wird der Ober-Sozi allerdings erst antreten, wenn die ODS als Regierung bestätigt ist. Solange wird ein Genosse einspringen. Schließlich könnte Klaus ja doch noch Paroubek mit der Regierungsbildung beauftragen. ULRIKE BRAUN