Die CSU lehnt einen Einsatz grundsätzlich ab

Der bayerische Ministerpräsident Stoiber hat sich in dieser heiklen Frage festgelegt. Und verwirrt damit die Diskussion in Deutschland

MÜNCHEN taz ■ Man könnte in diesen Tagen beinahe glauben, Bayern ist ein Hort von Pazifisten. „Ich kann mir deutsche Soldaten an der Grenze zu Israel mit einem robusten Mandat auch für Kampfeinsätze nicht vorstellen“, vermeldete Bayerns Ministerpräsident und CSU-Chef Edmund Stoiber gestern. Und die Haltung scheint ihm wichtig zu sein, bereits am Wochenende verkündete er ein „grundsätzliches Nein“.

Als einziger Parteichef hat sich der Bayer damit bei dieser kniffligen Frage festgelegt. Und verwirrt damit die politische Diskussion in Deutschland: Was bringt Stoiber zu seinem Nein, wo sich doch selbst der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert eine Beteiligung der Deutschen wünscht und die sonstige deutsche Politik-Elite Pro und Contra abwägt? Ist es Pragmatismus mit Blick auf die sich erschöpfenden Kräfte der Bundeswehr. Ist es die übliche deutsche Angst vor der Geschichte oder pflegt Stoiber einen latenten Antisemitismus?

Letzteres wird in diesen Tagen in prozionistisch-linken Kreisen gern unterstellt, immer wieder verweist man auf Stoibers Mitgliedschaft im Kameradenkreis der Gebirgsjäger und auf manche Entgleisungen Ende der 70er-Jahre, als Stoiber als Generalsekretär kräftige Sprüche abließ. Von der „durchrassten Gesellschaft“ redete er damals und Kritik an seinem Chef Franz Josef Strauß verglich er schon mal mit der „Hetze gegen die Juden im Dritten Reich“.

Aber trotz allem und auch mit Blick auf die immer wieder gepredigte Leitkultur: Es findet sich in keinem Augenblick ein Hinweis auf einen vermeintlichen Antisemitismus beim schwarzen Stoiber. Im Falle des CDU-Politikers Hohmann empfahl er nach dessen judenfeindlicher Rede den sofortigen Rauswurf und zur Grundsteinlegung des jüdischen Zentrums in München 2003 rief er: „Antisemitismus darf in unserem Land und Kontinent niemals mehr gesellschaftsfähig werden!“

„Stoiber bringt schon ab und zu erzkonservative Sprüche, mit denen er am rechten Rand sammelt, aber ich habe bisher nie etwas Judenfeindliches von ihm gehört“, beurteilt auch Juliane Wetzel vom Zentrum für Antisemitismusforschung der TU Berlin Stoibers Nahost-Haltung gegenüber der taz. „Und die Bedenken, die er aktuell vorbringt, sind ja nicht vollkommen haltlos.“

Stoiber verweist, dass „alle Gründe der Vernunft und unsere besondere Geschichte“ gegen eine Beteiligung von deutschen Soldaten im libanesischen Grenzgebiet sprechen. Außerdem gäbe es auch die Möglichkeit, ohne die Bundeswehr zu helfen, etwa beim Aufbau einer Sicherheitsstruktur im Libanon oder im medizinischen Bereich. Zudem sei die Bundeswehr an der Grenze ihrer Kapazitäten angelangt.

Auch Marian Offman sieht keine judenfeindliche Beweggründe bei Stoiber. „Im Gegenteil“, so der Münchener CSU-Stadtrat und stellvertretende Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde München gegenüber der taz. „Für die CSU ist es völlig inakzeptabel, dass sich ein Deutscher und ein Israeli mit einer Waffe gegenüberstehen.“ In Offmans Augen hätten die CSU, Stoiber und bereits Franz Josef Strauß in seiner Zeit als Verteidigungsminister gezeigt, dass die Partei unverbrüchlich zum Existenzrecht Israels stehe. „Und auch wenn Olmert um deutsche Hilfe gebeten hat, glaub ich, dass Stoibers Haltung am Ende die richtige ist.“ MAX HÄGLER