Geheimsache Genmais

In NRW wird schon seit acht Jahren Genmais angebaut – hinter dem Rücken einer sehr interessierten Öffentlichkeit. Umweltschützer: „Politik wollte sich eine äußerst unbequeme Diskussion ersparen“

VON MIRIAM BUNJES

Genetisch veränderter Mais wird schon seit mindestens acht Jahren in NRW angebaut. Das Bundessortenamt bestätigte, dass sich in Greven und Borken seit 1998 Probefelder befinden. Landwirte und Umweltschützer waren bislang davon ausgegangen, dass Gen-Mais Mon810 der US-Firma Monsanto zu Beginn des Jahres ausgesät wurde.

„Wir müssen das erst seit 2005 öffentlich machen“, sagt Friedrich Laidig, Abteilungsleiter im Sortenamt, das im Auftrag des Bundeslandwirtschaftsministeriums den Anbau neuer Pflanzensorten genehmigt. Von den Pflanzen gehe kein gesundheitliches Risiko aus. „Für uns gab es deshalb keinen Grund, die Informationen weiterzugeben.“

Ein Skandal, findet Ralf Bilke vom Bund für Umwelt und Naturschutz NRW (BUND). „Die Felder wurden vertuscht, um sich eine unbequeme Diskussion zu ersparen.“ Mon810 wurde gezüchtet, um den schädlichen Maiszünsler abzuwehren. „Der Käfer kommt in NRW gar nicht vor und taucht sowieso nur auf, wenn zu lange einseitig angebaut wurde“, sagt Bilke. Der BUND prüft zur Zeit rechtliche Schritte gegen das Bundessortenamt. „Auch 2005 wurden die Felder nicht angemeldet.“

Flächen mit genetisch veränderten Pflanzen müssen seit 2005 in ein öffentlich zugängliches Register im Internet eingetragen werden. Demnach gibt es in NRW fünf Felder, auf denen manipulierter Mais wächst – offiziell seit einem Jahr. „Wir müssen davon ausgehen, dass auch dort schon länger heimlich Genmais wächst“, sagt Bilke. „Wir recherchieren das.“

Die Saatgutfirma Monsanto schließt eine langjährige Nutzung in NRW nicht aus. „Unser Mais ist seit acht Jahren in der EU zugelassen“, sagt Holger Ophoff, bei Monsanto für Zulassungen zuständig. „Teile des Saatgutes sind auch schon im normalen Handel.“

NRWs ehemalige Landwirtschaftsministerin Bärbel Höhn (Grüne) überrascht die lange Laufzeit der Probefelder. „Von den Feldern in Greven und Borken wusste ich zu meiner Amtszeit nicht“, sagte Höhn zur taz. „Dabei hatte ich schon vor der Veröffentlichungspflicht dafür gesorgt, dass alle verfügbaren Daten über Genanbau zur Veröffentlichung im Internet an den BUND geleitet wurden.“

Am Dienstag hatten Unbekannte das Feld in Greven zerstört, vergangene Woche hatte Greenpeace versucht, im Borkener Feld Proben zu ziehen (taz berichtete). In mehreren Regionenhaben sich Landwirte zu gentechnikfreien Zonen zusammengeschlossen. Das von der ehemaligen Bundeslandwirtschaftsministerin Renate Künast (Grüne) auf den Weg gebrachte Gentechnikgesetz kann ihnen wirtschaftlich schaden: Ein Genbauer haftet für die Pflanzen seiner Nachbarn. Die schwarz-gelbe NRW-Regierung will diese Haftungsregelung am liebsten abschaffen. Deutschland entstehe durch die Rechtslage ein Wettbewerbsnachteil. „Wir müssen die Gentechnik-Forschung stärken“, sagt ein Sprecher im Landwirtschaftsministerium. „Zwingen wollen wir natürlich keinen Bauern.“