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Getrübte Siegesfreude

WESTEN Die Bürger trauern um die Opfer – und organisieren den postrevolutionären Alltag

LEMBERG taz | Direkt neben der Bühne auf dem Maidan hängen dreizehn Fotos. Alles Männer, darunter viele junge Gesichter. Es sind die getöteten Demonstranten aus der Region, fast alle wurden am Horror-Donnerstag in Kiew durch gezielte Schüsse ermordet. Die Menschen kommen und gehen, jeder will Abschied von den Toten nehmen. Lemberg trauert.

Die Freude über den Sieg ist getrübt, von Euphorie keine Spur. „Mein Freund ist dort umgekommen, hoffentlich war sein Tod nicht umsonst“, sagt ein junger Mann. „Wir haben einen hohen Preis dafür bezahlt, dass die Banditen nun weg sind.“ Seine Freundin schluchzt und fügt hinzu: „Dieser Präsident muss vor Gericht. Und das System muss man ändern, damit sich so was nicht mehr wiederholen kann.“

Korruption bekämpfen, Polizei, Justiz, Staatsanwaltschaft von Grund auf zu reformieren: Das sind schwierige Aufgaben. Auch die Spannungen mit dem Osten haben sich nicht in Luft aufgelöst. Das Land steckt in einer tiefen Wirtschaftskrise. Auch Russland wird versuchen, wieder Einfluss zu gewinnen.

Einiges tun die Lemberger Bürger jetzt schon. Da die Polizei fast nicht mehr präsent ist und das Vertrauen komplett verloren hat, haben die Einwohner eine Bürgerwehr organisiert. Kleine Gruppen in gelben reflektierenden Westen gehen auf Streife. In der Nacht sind auch Auto- und Fahrradpatrouillen unterwegs. „Ich liebe meine Stadt und will, dass sie sicher ist. Deswegen engagiere ich mich“, sagt Marta, die im normalen Alltag als Reiseführerin arbeitet. Viel zu melden hatten die Patrouillen bisher nicht. Die letzten beiden Nächten waren die ruhigsten, die es je gab. JURI DURKOT

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