Sportwetten legalisieren?

Die Koalitionspartner streiten: Sollen private Sportwetten erlaubt werden? CDU und FDP sind uneins: Ministerpräsident Jürgen Rüttgers gehört zu den Hardlinern im Kampf gegen illegale Buchmacherei, der FDP-Landesvorstand will das staatliche Wettmonopol kippen. Legalize it?

JA

Am 10. August entschied das Regierungspräsidium Chemnitz, die unternehmerische Tätigkeit von bwin (vormals: Betandwin) in ganz Deutschland zu untersagen. Damit wurde ein erfolgreiches Unternehmen einfach geschlossen.

Bereits im März 2006 hatte das Bundesverfassungsgericht der Politik zwei Wege zum Handeln vorgegeben. Der eine Weg kann ein staatliches Monopol auf Sportwetten sein, das gleichzeitig der Suchtbekämpfung dient. Der andere, eine kontrollierte Zulassung gewerblicher privater Wettunternehmen, die wiederum durch gesetzliche Rahmenbedingungen zur Suchtprävention verpflichtet sind.

Warum haben sich nun die 16 Ministerpräsidenten gegen die freie Berufswahl entschieden und zerstören somit einen bestehenden Markt? Warum setzen sie auf ein staatliches Monopol?

Wer glaubt, der Staat hat dies zum Wohle des Bürgers entschieden, um beispielsweise Spielsüchtigen zu helfen, der irrt gewaltig. Das staatliche Wettmonopol sichert alleine dem Land NRW Einnahmen von 700 Millionen Euro.

Was die Politik aber verkennt, ist, dass eine selbstständige Branche, inklusive tausender Arbeitsplätze zerstört wird und hohe Gewerbesteuereinnahmen wegfallen werden. In Zeiten von 4,5 Millionen Arbeitslosen, kann der Staat nicht einfach ein Gewerbe verbieten, welches ausdrücklich durch das Verfassungsgericht erlaubt wurde. So handelt kein Staat, der sich seinen Bürgern verpflichtet fühlt, so handelt ein Staat, der glaubt die Bürger wären für ihn da.

Wer weiterhin der Meinung ist, dass durch ein Wettmonopol private Anbieter vom Markt zu verdrängen seien, der verkenne die Möglichkeiten des Internet-Zeitalters. Es ist heutzutage kein Problem Angebote aus dem Ausland anzunehmen und damit das Verbot in Deutschland zu umgehen.

Deutschland war einmal ein modernes Land, das auf seine Bürger gesetzt hat. Diese Entscheidung zeigt aber sehr deutlich, dass der Staat nur sein eigenes Interesse verfolgt. Es ist absehbar, dass der Europäische Gerichtshof in naher Zukunft das Wettmonopol in Deutschland wieder aufheben wird. Allerdings hat Deutschland bis dahin viele bestehende Arbeitsplätze und Unternehmen zerstört. Jegliche Chance, sich auf diesem Markt gegen unsere europäischen Nachbarn im Wettbewerb zu behaupten, wird damit zunichte gemacht.

Der liberale und freiheitliche Weg für Nordrhein-Westfalen und Deutschland ist zugleich der Fortschrittlichste. Er zerstört keine Arbeitsplätze, sondern schafft sie, und stellt gleichzeitig aber auch Suchtprävention sicher. Die Politik kann jetzt Glaubwürdigkeit gewinnen oder diese ein weiteres Mal verspielen.

MARCEL HAFKE

NEIN

Richtig, wir müssen alles tun, um unsere Wirtschaft besser in Schwung zu bringen. Eine Politik, die zu mehr wirtschaftlicher Aktivität und zu mehr Arbeitsplätzen führt, ist die beste Sozialpolitik und die Basis für die dringend notwendige Sanierung der öffentlichen Finanzen. Aber nicht um jeden Preis: Das Wettgeschäft ist keine Dienstleistung wie andere auch und bringt unsere Gesellschaft auch nicht unbedingt nach vorne. Im Gegenteil: Suchtgefahren können leicht Existenzen ruinieren und Familien zerstören.

Da hilft es dann nicht mehr, dass eine gute Wirtschaftsförderung und eine ideenreiche Mittelstandspolitik richtige Anreize für wirtschaftliche Entwicklung setzen. Wir müssen auch die Voraussetzungen für eine stabile Gesellschaft mit starken Individuen sichern. Insgesamt haben wir in den vergangenen Jahren in Deutschland den Zusammenhalt unserer Gesellschaft und die Suchtprävention zu stark aus den Augen verloren, entsprechend viel Therapie ist nötig.

Für den Staat muss die Bekämpfung der Suchtgefahren im Vordergrund stehen, das sagt auch das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung am 28. März 2006. Gleichzeitig hält das Gericht die gesetzlichen Regeln dazu im heutigen Rechtsrahmen für unzureichend und macht strenge Auflagen zum Schutz der Spieler. Bei privaten Anbietern würde das notwendigerweise mit deren Interessen kollidieren: Die müssen daran interessiert sein, das Geschäft deutlich auszuweiten und mit einer entsprechend aggressiven Werbung dafür sorgen. Einer besseren Entwicklung in unserem Land dient das nicht.

„Das staatliche Monopol ist notwendig und geeignet, um die auch vom Bundesverfassungsgericht autorisierten ordnungsrechtlichen Ziele – Eindämmung und Kanalisierung der Wett- und Spielsucht sowie Bekämpfung von Folge- und Begleitkriminalität – wirksam zu realisieren“, heißt es in einem Beschluss der Regierungschefs der Länder. Das ist vernünftig und muss jetzt aber auch ordnungsrechtlich durchgesetzt werden. Ich erwarte, dass die Länder nach einheitlichen Maßstäben und konsequent gegen illegale Sportwetten vorgehen. Deregulierung wird in Bereichen gebraucht, in denen für Menschen Freiräume geschaffen und nicht Suchtgefahren vergrößert werden.

VOLKMAR KLEIN