Eroberung mit Sammelbildchen

Sie hängen an Ampelmasten und um Kreuzungen: „Slurgs“, in jedem Stadtteil ein anderer gezeichneter Charakter. Ihr Urheber hat Gründe, anonym bleiben zu wollen

von JOHANNES HIMMELREICH

Das haarig-flauschige Vieh freut sich. Die dreieckigen Zähne fletscht es bis über die Ohren – die es gar nicht hat. Dafür aber einen Bauchnabel. Und einen Rüssel. Es ist ein „Slurg zum Sammeln“. In sechs verschiedenen Motiven finden sich diese Slurgs derzeit in mehreren Stadtteilen in Hamburgs Innenstadt.

„Mit freundlicher Unterstützung der XX CREW“, steht auf den A 4-Zetteln, die da um Kreuzungen und an Ampelmasten kleben – je ein anderes Motiv in Altona, St. Pauli, St. Georg, Schanzen- und Karolinenviertel. Zum Mitnehmen, „ins Poesiealbum kleben“, „deiner Freundin schenken“ oder auch „zur Onaniervorlage machen“, so lauten die Handreichungen, was denn mit den Bildchen anzufangen sei.

„Es ist ja für nix gut“ und einen Zweck habe es nicht, sagt der Urheber zur taz. „Es klebt ja nicht mal von selbst.“ Barbara Uduwerella vom Verein HipHop Hamburg e. V. nennt die Slurgs „eine witzige Form, dem Sammeltrieb von Jugendlichen nahe zu kommen“. Es sei die Eroberung der öffentlichen Raums, ohne jemandem zu schaden. Wie eigentlich überall quer in der Graffiti-Szene: „Jugendliche wollen sich präsentieren“, analysiert Uduwerella, „Spuren hinterlassen, Aufmerksamkeit erzielen ohne sich zu outen.“

Für die Polizei ist die Sammelbildchen-Idee wenig anderes als eine Ordnungswidrigkeit. So besagt es das Graffitibekämpfungsgesetz, das demnächst seinen ersten Geburtstag feiert. Unerkannt bleiben will so auch der Slurgs-Schöpfer. „Ich hab so Hirngespinste“, sagt er. „Irgendwann wird was draus. Vielleicht gehen so die Leute ja mal in Stadtteile, wo sie normalerweise nicht hinkommen.“

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