Im Wohnzimmer des Pop

Es pulsiert: Morgen startet das Kölner Musikfestival c/o pop. Zur dritten Ausgabe wird erstmals eine Messe integriert – die aber gemütlich ausfallen soll. Und später wird dann das Ringfest reanimiert

VON BORIS R. ROSENKRANZ

Es ging ruckzuck damals. Kaum war die Popkomm von Köln nach Berlin entfleucht, zauberten die Rheinländer ein neues Musikfest aus dem Hut: die c/o pop. Ende 2003 – die Popkomm hatte ihr erstes Berliner Programm gerade annonciert – stellten die Kölner ihr Konzept vor. Was verdächtig nach der Trotzreaktion eines im Stich gelassenen Städtchens roch. Soll es aber nicht gewesen sein: „Wir hatten schon länger an einem Konzept gebastelt“, sagt Ralph Christoph, einer der Köpfe von c/o pop. Außerdem sei das neue Festival nie als Ersatz-Popkomm geplant gewesen. „Wir wollten etwas ganz anderes machen.“ Haben sie auch getan.

Zwei Ausgaben der c/o pop sind seither durch Köln gewummert; morgen startet das Festival, inzwischen etabliert, in die dritte Runde. Wichtig ist Christoph dabei die Betonung auf: Festival. Das soll es in erster Linie sein. Und nicht, wie die Popkomm, bloß eine schnöde Messe mit Rahmenprogramm. Wenngleich: Mit der „affair c/o pop“ wird in diesem Jahr doch erstmals eine Messe in das Festivalgeschehen integriert – allerdings „eine Messe im Wohnzimmer-Ambiente“ (Eigenwerbung). Angesprochen ist sowohl Fachpublikum, als auch der normale Konsument, der hinter die Kulissen blicken, oder der kleine Produzent, der sein Demotape loswerden will. Und „Wohnzimmer-Ambiente“ will meinen: Nicht sterile Messe-Stände dienen als Projektionsfläche, sondern Räume, sagt Christoph, die „eher an Showrooms auf Kunstmessen erinnern“. Klingt ja auch cooler. Und grenzt abermals ab.

Ansonsten aber: Vor allem viel Musik. Heute Abend beginnt das Festival mit einem Auftritt der Hamburger Band Fettes Brot, die sich mit ihrer neuen Single, dem dumpfen Gröhlsong „Fußball ist immer noch wichtig“, endgültig ins Abseits befördert hat. Aber es gibt ja auch Lichtblicke: das dreitägige „Monsters of Spex“-Festival etwa, das mit Art Brut oder den Yeah Yeah Yeahs sowohl britischen Minimal-Akkord-Pop auffährt, als auch entspannten Cover-Pop (Nouvelle Vague) oder guten Stoff aus dem Inland, zum Beispiel Jan Delay & Disko No. 1. Hinzu kommen etliche Club-Abende, ein Abend mit Bands aus dem Stall des Hamburger Labels Lado, Ausstellungen, Workshops und so fort. Es pulsiert also. Doch was ist mit der viel beschworenen Musik-Krise, mit der Köln seit dem Popkomm-Abzug zu kämpfen hat? Viva ist weg. Nach Berlin. Das Zentralorgan der Popintellektuellen, die Zeitschrift Spex, geht weg. Nach Berlin. Und nun ist auch noch das Kölner Ringfest geplatzt. Geldprobleme. „Das alles“, sagt Christoph, „ist aber kein Köln-spezifisches Problem, sondern eines der Branche.“ Auch in anderen Städten sei nicht alles Gold, was glänzt. Außerdem, sagt Christoph mit offensichtlicher Freude, werde durch das Aus der Großen der Blick frei auf das, was darunter liegt. Also auf die kleinen Labels, Musiker, Produzenten, die in Köln akribisch frickeln. Aber: Kunst von unten in Ehren. Das Ringfest soll mit Hilfe der c/o pop dennoch reanimiert werden. Welche Aufgabe Christoph und seine Kollegen da spielen, ist noch fraglich. Gespräche sollen im September stattfinden. Denn Christoph sagt: „Das Ringfest ist reformierbar“. Allerdings müsse es gravierende Veränderungen geben. Na, dann mal los.

c/o pop, 23. bis 27. August 2006, Köln, versch. Orte, Infos: 0221-95439190 Oder im Netz: www.c-o-pop.de