Kriegsstimmung in Kinshasa

Kämpfe in Kongos Hauptstadt zwischen Kabila- und Bemba-Soldaten mit sechs Toten überschatten Verkündung des Wahlergebnisses. UNO muss Wahlkommission schützen

BERLIN taz ■ Mit Schutzweste und UN-Eskorte in Panzerfahrzeugen musste der Chef von Kongos Wahlkommission, Apollinaire Malu-Malu, in der Nacht zu gestern ins Gebäude des Staatsfernsehens in der Hauptstadt Kinshasa gebracht werden, um verspätet das vorläufige amtliche Endergebnis der Präsidentschaftswahl vom 30. Juli zu verkünden. Aus der geplanten abendlichen öffentlichen Pressekonferenz wurde ein Mitternachts-Statement im TV-Studio.

Stundenlang hatten sich zuvor rivalisierende Sicherheitskräfte Schusswechsel mitten in Kinshasa geliefert. Was gegen Sonnenuntergang als Streit zwischen Polizisten und der Garde des bei der Wahl zweitplatzierten Vizepräsidenten Jean-Pierre Bemba in der Nähe eines von Bembas Fernsehsendern begann, entwickelte sich im Laufe des Abends zu einem Gefecht mit schweren Waffen. Die Präsidialgarde von Staatschef Joseph Kabila rückte mit Panzern und Raketenwerfern an. Zwei TV-Kanälen Bembas wurde der Strom abgeschaltet. Ein asiatischer Passant wurde auf der Straße erschossen, insgesamt starben mindestens sechs Menschen, darunter auch Soldaten.

Was Malu-Malu später im Fernsehen bestätigen sollte – angeblich weigerte sich Kongos Polizei, seine Sicherheit zu garantieren, weswegen er und seine Behörde sich von Blauhelmsoldaten schützen lassen mussten –, geriet da zur Nebensache. Nach den amtlichen Zahlen hat Kabila 44,81 Prozent der Stimmen erhalten, Bemba 20,03. An dritter Stelle folgt der zivile Oppositionspolitiker Antoine Gizenga mit 13,06 Prozent, danach Nzanga Mobutu, ein Sohn des früheren Diktators Mobutu Sese Seko, mit 4,77 Prozent. Am 29. Oktober gibt es zwischen Kabila und Bemba eine Stichwahl.

Gestern flammte die Gewalt erneut auf. Einheiten von Kabilas Präsidialgarde GSSP eröffneten am späten Nachmittag das Feuer mit schweren Waffen auf Bembas Residenz im Stadtzentrum, berichteten Augenzeugen.

Angst vor Kämpfen zwischen den beiden Hauptkontrahenten hatte den ganzen Tag die Atmosphäre in Kinshasa beherrscht. Die Straßen blieben weitgehend leer. Eine Hauptstraße, die aus Kinshasas Armenvierteln zum Zentrum führt, wurde am Morgen von Jugendlichen mit brennenden Baumstämmen blockiert, vereinzelt wurden Auseinandersetzungen zwischen Jugendlichen und Polizei gemeldet: Hier rüsten sich Oppositionsanhänger für eine Konfrontation mit der Staatsmacht, der man unterstellt, mit Gewalt das Wahlergebnis in Frage zu stellen, weil Kabila nicht im ersten Wahlgang gewonnen hat. Die Kabila-treue Tageszeitung L’Avenir verkündete gestern, die Stichwahl sei verfassungswidrig, weil sie nicht innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Ergebnisse der ersten Runde stattfindet. DOMINIC JOHNSON