KOMMENTAR: FRIEDERIKE GRÄFF ÜBER ELTERNSCHULEN
: Sonntagsredner-Pläne

In der Elternschule finden sich auch frisch gebackene Akademiker-Eltern, die genauso hilflos sind wie die Kassiererin

Es gibt zwei Mantras, die sich durch die Diskussion über die wirksame Prävention von Kindesmisshandlung ziehen: die Vorbehalte von Eltern gegenüber staatlichen Hilfsangeboten, weil sie sich dadurch nicht unterstützt, sondern stigmatisiert fühlen. Das andere ist die frühzeitige Kontaktaufnahme zwischen Eltern und unterstützenden Stellen.

Die Elternschule ist eine ebenso schlichte wie wirksame Institution, eine Art Volkshochschule für Eltern, die wissen wollen, was zu tun ist, wenn sich das Kind nicht beruhigen lässt, ob es täglich Gemüse essen muss und wann ruhige Nächte einkehren. Was die Elternschule so einzigartig macht, ist, dass es nicht als asozial gilt, dort hinzugehen. Im Gegenteil. Dort finden sich auch frisch gebackene Akademiker-Eltern, die gegenüber den Schreiattacken ihres Säuglings genauso hilflos sind wie die Kassiererin oder der Hartz-IV-Empfänger.

Natürlich stimmt es, dass die freiwilligen Angebote ein gewisses Maß an Eigeninitiative fordern, die oft bei Familien fehlt, die dringend Hilfe bräuchten. Das ändert aber nichts daran, dass die Elternschule Beratung gesellschaftsfähig macht. Es ist fahrlässig, bei solchen Angeboten den Rotstift anzusetzen. Und angesichts der nimmermüden Sonntagsreden, dass Bildung und Erziehung unser aller Zukunft sei, ist es unappetitlich.