Mehr Arbeitslosigkeit – was tun?

Mehr sozialversicherungspflichtige Jobs sind „gut für die Stadt und gut für die Menschen“, sagt Katja Barloschky, Chefin der Bremer Arbeit GmbH. Ein-Euro-Jobs sind erfolgreich, reichen aber nicht

Von Klaus Wolschner

Hohe Wellen schlug gestern die Kritik von Katja Barloschky, Geschäftsführerin der „Bremer Arbeit GmbH“ und in dieser Eigenschaft zuständig für die Ein-Euro-Jobs, an der Bremer Arbeitsmarktpolitik. Barloschky hatte kritisiert, dass Bremen zu wenig sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsangebote vorhalte. Langzeitarbeitslose können laut Gesetz in der so genannten „Entgeltvariante“ sozialversicherungspflichtig beschäftigt werden. Nach einer vom Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung vorgelegten Tabelle ist Bremen auch im Ländervergleich Schlusslicht bei der Nutzung dieser Möglichkeiten: In Bremen gab es im März 2006 gerade zwei Fälle, in Hamburg waren es 251, in Berlin gar 3.924. Wobei die dafür von der Bundesanstalt eingeplanten Mittel bei weitem nicht abgerufen würden. In Bremen, so zeige die Statistik, sei die Zahl der Arbeitslosen nach der Einführung von Hartz IV stärker gestiegen als im Bundesdurchschnitt – besondere Anstrengungen also geboten.

Sozialsenatorin Karin Röpke (SPD) schwört derweil auf das Instrument der „Ein-Euro-Job“. Das sei ein gutes „sozialpolitisches Instrument, um Beschäftigungsgelegenheiten für ALG II-Empfänger zu schaffen“. Inzwischen gibt es rund 5.000 so genannte „In-Jobs“ in Bremen. Röpke deutete aber gleichzeitig an, dass sie in der Sache ähnlich denkt wie Barloschky. Es mache „bei besonderen Problemstellungen auf dem Arbeitsmarkt durchaus Sinn, die so genannte Entgeltvariante (also staatlich geförderter Arbeitsvertrag und Sozialversicherung, d. Red.) zu wählen“. So habe die Bürgerschaft zum Beispiel ein Programm für ältere Arbeitslose beschlossen mit dem Ziel, für diese Gruppe „nachhaltige Arbeitsplätze“ zu schaffen. Bremen könne sich „keine teuren Alleingänge“ in der Arbeitsmarktpolitik leisten, „trotzdem müssen wir unsere Konzepte immer wieder überprüfen“, um das Problem bestmöglich in den Griff zu bekommen.

Dass die Taktik der Kommunen, über ABM-Stellen Arbeitslose in den Topf der Bundesanstalt für Arbeit zu verschieben, durch die Hartz-IV-Reform beendet wurde, findet die volle Unterstützung von Barloschky. Auch das Programm für Ältere, man könne einen „besonderen Klebeeffekt gerade bei Älteren“ beobachten – das bedeutet: Nach einer geförderten Beschäftigung werden sie erstaunlich häufig von ihren Betrieben übernommen. Aber auch im zweiten Arbeitsmarkt, so Barloschky, wäre das Instrument der „Entgeltvariante“ wünschenswert. Eine von der Arbeitnehmerkammer schon vor Monaten vorgelegte Rechnung zeigt: für einen „In-Jobber“ zahlt der Staat derzeit insgesamt rund 1.500 Euro, mit dem Geld für vier „Injobber“ kann man drei sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse finanzieren. Klaus Jakubowski von der Arbeitnehmerkammer zählt die Vorteile auf: Anspruch auf Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, Arbeitslosengeld, Ansprüche auf betriebliche Sozialleistungen.

Dabei haben die Ein-Euro-Jobs mehr Erfolg gehabt als ursprünglich erwartet, sagt Barloschky – und widerspricht damit der Kritik der Grünen. Immerhin 18 Prozent der Männer und 16 Prozent der Frauen seien auf den „Fördertreppen“ über Ein-Euro-Jobs und Qualifizierungsmaßnahmen in ein Arbeitsverhältnis gelangt. Daneben aber auch vermehrt auf sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu setzen sei „gut für die Stadt und gut für die Menschen“.

Thomas Schneider, Chef der Bagis, stellte gestern ein neues Angebot für Hartz-IV-Empfänger vor: Auch die Kosten für kleinere Weiterbildungs-Angebote sollen in Zukunft erstattet werden, wenn der „Fallmanager“ das befürwortet. Schneider hat vor allem Arbeitslose ohne Berufs-Qualifizierung oder Hauptschulabschluss im Auge, die man damit „niedrigschwellig“ erreichen wolle.