Gespräche über Sexualität

Vortragsreihe Immanuel-Gemeinde und Gleichstellungsbeauftragte der Bremischen Evangelischen Kirche holen Tabuisiertes ans Licht

„Wie tragen Religion und Kirche zur destruktiven Politisierung von Sexualität bei?“

RUTH HESS, BEK

Mit einem Vortrags- und Diskussionsabend zu Homophobie und Kirche in Russland und der Ukraine beginnt am 5. März die Fortsetzung der Reihe „Rainbow Pieces“. Diese wird von der Immanuel-Gemeinde in Walle in Kooperation mit der Gleichstellungsbeauftragten der Bremischen Evangelischen Kirche (BEK) veranstaltet.

„Wie tragen Religion und Kirche zur destruktiven Politisierung von Sexualität bei?“, ist die Frage, mit der sich Ruth Heß, die Gleichstellungsbeauftragte der BEK, beschäftigt. So werden gleichgeschlechtliche Paare nicht in allen Gemeinden innerhalb der BEK gesegnet, da die jeweiligen Gemeinden diese Entscheidung individuell treffen.

Gunnar Held, Pastor der Immanuel-Gemeinde, sagt, dass sich „Rainbow Pieces“ nicht an eine bestimmte Zielgruppe richte. Vielmehr seien alle Menschen betroffen, wenn es um das Verhältnis von Politik und Religion gehe. Dieses konzentriere sich immer mehr auf die Konfliktlinie von Geschlechtlichkeiten. Heß vermutet: „Religion kann immer wieder zum Erhalt von hegemonialen Strukturen instrumentalisiert werden, weil Sexualitäten und deren Tabuisierung seit der Moderne den Kern des Selbst ausmachen. Diese Reduzierung von Identitäten kann ich nicht gutheißen.“

Auch deshalb strebe sie eine Verstetigung der Reihe an. Gunnar Held erzählt, wer bei den Veranstaltungen miteinander ins Gespräch kommt: „Bei älteren Gemeindegliedern brechen häufig Fremdheitserfahrungen auf, junge Homosexuelle erzählen dagegen offen von ihren Erfahrungen und auch Menschen, die in Regenbogenfamilien leben, können sehr unterschiedliche Ansichten haben.“

Nicht nur Mitglieder der Immanuel-Gemeinde kommen zu den Veranstaltungen. „Eine Frau kommt zu jeder einzelnen Veranstaltung extra aus Sebaldsbrück“, sagt Held. „Und wir erreichen viele Menschen, die mit Kirche nichts zu tun haben.“

Entwickelt haben Heß und Held die Reihe, nachdem sich bei einer Veranstaltung zum Thema Sexualität und Kirche vor zwei Jahren ein großes Bedürfnis nach weiteren Gesprächen gezeigt habe. Daraufhin gab es 2013 sechs Abende mit Filmen und Diskussionen, unter anderem zu Inter- und Transsexualität.

Für dieses Jahr sind zwei weitere Veranstaltungen angekündigt: Am 5. Juli gibt es in der Immanuel-Kapelle ein politisches Nachtgebet. Im Oktober wird ein Film gezeigt zu Homophobie in Uganda, die laut Heß und Held von Pfingstgemeinden aus den USA komme.  KORNELIUS FRIZ