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soundtrack

Ein wenig gefühlschaotisch beginnt die Konzertwoche am Donnerstag im Uebel & Gefährlich. Die schottischen PopperlenproduzentInnen von Camera Obscura beehren den Feldstraßenbunker mit ihrer bezaubernden Mixtur aus Folk, Country, Pop und Walzertakt. 1996 gegründet, bleiben die Glasgower lange Zeit ein Geheimtipp. 2001 werden sie von John Peel entdeckt, der sie prompt als Band des Jahres feiert und ihre Single „Eighties Fan“ später in seiner Top 50 immerhin schon auf dem achten Platz auflistet. Nun steht das dritte Album „Let‘s Get Out Of This Country“ in den Regalen und beschert uns Melancholie derart entspannt und sommerlich-fröhlich, dass allen, die keine Angst vor schizoiden Emotionen haben, der Besuch wärmstens empfohlen werden kann. Das Duo Er France wird kurz zuvor den Beweis dafür antreten, dass süßer französischer Pop auch durchaus aus Düsseldorf kommen kann.

Nicht nur weil nicht mehr lange Zeit ist, dem guten alten Hafenklang nebst tropfender Decken und bedenklichen Toilettenzustands vor der einjährigen Sanierung und Aufstockung noch einen Besuch abzustatten, zieht es alle, die gegen die Hamburger Flüchtlingspolitik Einspruch erheben wollen, am Freitagabend in das der Hafenrandbebauung trotzende Haus, um der Release-Party des Soli-Samplers „Viva Café Exil“ beizuwohnen. Fünf Bands, die auf dem Sampler vertreten sind, gibt es da zu hören. Wer genau das ist, wird nicht genannt. Es könnten „A Fear Called Treason“, „Kleinstadthelden“, „Matula“, „Captain Planet“ und „Katzenstreik“ sein. Oder „Abenteuer Auftauen“, „Good With The Girls“, „Flimmern“, Tackleberry“ und „Kurhaus“. Wer auch immer kommt, für gut angelegte 5 Euro lassen sich alle auf CD mit nach Hause nehmen.

Wem das zu unsicher erscheint, der wird sicher vor der Freilichtbühne im Stadtpark glücklicher, wenn die mittlerweile auch über 30-jährigen Ex-Vorstadt-HipHopper Fettes Brot zeigen, was sich seit ihrem „Comeback!“ 2005 alles getan hat. Vorübergehend veröffentlichen die mittlerweile vor Zigtausenden auftretenden „Drei ???“-Hörspiel-Helden auf ihrem eigenen Label „Fettes Brot Schallplatten GmbH“ unter dem Pseudonym „D.O.C.H!“ Songs, die nicht mehr ohne weiteres in das Genre HipHop passen. Ob also Klassiker wie „Die Definition von Fett“ und „Schwule Mädchen“ oder eher das zu hören sein wird, was die „Marxistenkinder“ „Power-Pop“ nennen, kann mit Sicherheit nicht gesagt werden.

Ebenfalls unter freiem Himmel findet in den darauf folgenden zwei Tagen schließlich in der Musikmuschel in Planten un Blomen das Hamburg Jazz Open statt. Zum elften Mal veranstaltet das Hamburger Jazzbüro nun schon sein Openair-Festival. Ohne auch nur einen Cent zu zahlen, lässt sich jeweils von 15 bis 21.30 Uhr alles erleben, was den Namen Jazz trägt. Das Quintett „Der kosmische Souverän“ beispielsweise zählt Curtis Mayfield oder auch die „Beach Boys“ zu seinen Kollegen, Bernd Reinckes Mission ist, den Hardbop ins nächste Jahrtausend zu bringen. „Tisch 5“ mischen in ihren Kampf mit allen nur denkbaren Genres eine ordentliche Portion abgedrehten Humors. Eher klassischen Jazz-Gesang liefert dagegen Ulita Knaus, während die fünf Kolumbianer von „Latin Sample“ sich um den südamerikanischen Einfluss kümmern.

ROBERT MATTHIES Camera Obscura & Er France: 24.8., 21 Uhr, Uebel & Gefährlich Café Exil-Sampler-Release: 25.8., 21 Uhr, Hafenklang Fettes Brot: 25.8., 19 Uhr, Freilichtbühne im Stadtpark Hamburg Jazz Open: 26.8. und 27.8., je 15–21.30 Uhr, Musikmuschel in Planten un Blomen

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