Zum Beischlaf gezwungen und abgeschoben

Spanien verweist Immigrantinnen des Landes, die Polizisten sexuellen Missbrauch vorwerfen

MADRID taz ■ Der Vorwurf des Vorsitzenden von amnesty international (ai) in Spanien, Estebán Beltrán, an die Regierung Zapatero wiegt schwer. „Hier herrscht totale Straffreiheit.“ Der Grund für die harschen Worte: Die spanischen Behörden haben sieben Frauen abgeschoben, die entweder als Opfer oder Zeuginnen vor Gericht gegen Wachbeamte des Internierungslagers für Immigranten im südspanischen Málaga hätten aussagen sollen. Eine weitere Frau, eine Brasilianerin, die unter der Nummer 16 als geschützte Zeugin in den Ermittlungsakten geführt wird, steht kurz davor, des Landes verwiesen zu werden. Die Frist von 40 Tagen, die das spanische Ausländergesetz einem Immigranten zugesteht, um seine Lage zu legalisieren oder das Land zu verlassen, ist am Montag abgelaufen.

Die Organisation ai hat 60.000 Mitglieder aufgefordert, Protest-E-Mails an die Regierung des Sozialisten José Luis Rodríguez Zapatero zu schicken. Beltrán selbst richtete ein offizielles Schreiben an das Innenministerium und die Generalstaatsanwaltschaft. „Ohne Erfolg. Sie wollen nicht verstehen, warum wir verlangen, dass die Abschiebung zugunsten eines Gerichtsverfahrens ausgesetzt wird.“

Die beschuldigten Polizisten sollen im Lager in Málaga mit Immigrantinnen nächtliche Orgien gefeiert haben, zu denen auch Männer von außerhalb eingeladen wurden. Den Frauen machten sie Geschenke und Versprechungen, ihnen behilflich zu sein. Ein Beschuldigter versorgte eine magenkranke Immigrantin nur im Tausch gegen Beischlaf mit speziellen Lebensmitteln wie Obst. Andere Frauen wurden immer wieder ins Büro bestellt und dort begrabscht.

„Alles gelogen“, heißt es von Seiten der Verteidiger der Polizisten. Es handle sich um „Aussagen ohne jedweden Beweis, vor allem, wenn sich diese Personen, eine Aufenthaltsgenehmigung in Spanien verdienen können“, erklärte einer der Anwälte.

Die Beschuldigten sind, nachdem vor wenigen Wochen drei von ihnen in U-Haft genommen wurden, mittlerweile alle auf freiem Fuß, bis das Gerichtsverfahren beginnt. „Die Verhandlung wird letztendlich ohne Zeugen und Opfer stattfinden“, befürchtet Beltrán. Die Forderung von ai und den Anwälten der Frauen, die abgeschobenen Immigrantinnen müssten sofort wieder ins Land geholt werden, verhallt ungehört. Es bestehe kein Problem für das Gerichtsverfahren, erklärt die Staatsanwaltschaft immer wieder. Schließlich seien die Aussagen der Frauen vor ihrer Abschiebung aufgenommen worden.

„Dass eine Gerichtsverhandlung neue Fragen aufwerfen und neue Vernehmungen sowie Gegenüberstellungen erforderlich machen kann, scheint der Staatsanwalt nicht zu wissen“, sagt Beltrán. REINER WANDLER