„Inlandseinsätze sind auch nicht risikolos“

INTERVIEW Brandenburg schickt trotz Kritik keine Polizeiausbilder mehr nach Afghanistan. Berlin entsendet weiter Beamte, obwohl die Bedingungen schlechter geworden seien, sagt SPD-Innensenator Ehrhart Körting

■ 68, ist seit 2001 Innensenator in der rot-roten Berliner Landesregierung unter Bürgermeister Klaus Wowereit. Der gelernte Jurist ist seit 1971 SPD-Mitglied.

taz: Herr Körting, können Sie als Berlins Innensenator noch verantworten, Polizisten nach Afghanistan zu schicken?

Ehrhart Körting: Ja. Die Polizisten werden in Afghanistan in Bereichen eingesetzt, wo die Sicherheit gewährleistet ist.

Wer beurteilt die Sicherheitslage?

Das Auswärtige Amt und der Bundesinnenminister.

Brandenburgs Innenminister Rainer Speer schickt keine Beamten mehr. Er sagt, seine Polizisten würden sich nicht an einem Krieg beteiligen.

Die Berliner Polizei beteiligt sich auch nicht an einem Krieg. Sie coacht und berät afghanische Polizisten und nicht die afghanische Armee. Wenn wir den zivilen Aufbau unterstützen wollen, gibt es für den Einsatz von Polizisten keine Alternative.

Sind Sie oft anderer Meinung als Ihr Parteigenosse Speer?

Im Gegenteil. Aber deshalb kann Speer doch mal eine andere Position vertreten. Im Übrigen hat Günter Beckstein auch keine Polizeiausbilder nach Afghanistan geschickt. Bayern beteiligt sich erst, seit Joachim Herrmann Innenminister ist.

In Afghanistan müssen sich Polizisten gegen Taliban und kriminelle Banden behaupten. Haben Sie keine Angst um Ihre Leute?

Ich nehme meine Fürsorgepflicht sehr ernst. Einsätze im Inland sind mitunter auch nicht risikolos. In Berlin hatten wir in den letzen Jahren zwei erschossene Polizeibeamte zu beklagen. Aber Einsätze im Ausland sind natürlich gefährlicher.

Die Anzahl deutscher Polizisten in Afghanistan ist in diesem Jahr von 170 auf 250 aufgestockt worden. Sie waren mehrfach dort, zuletzt im März. Ist die Polizeiausbildung auf einem guten Weg?

Die Bedingungen für die Polizeiausbildung sind nicht besser, sondern schwieriger geworden. Deshalb muss man das Ganze sehr genau beobachten.

Was ist Ihre Position in Bezug auf den Militäreinsatz?

Es gab gute Gründe, 2002 nach Afghanistan zu gehen, um den Terrorismus zu bekämpfen und den Afghanen beim Aufbau ihrer Staatlichkeit zu helfen. Aber man darf daraus kein Dauerprogramm machen.

Das heißt?

Man muss eine klare Exitstrategie haben, wann man das Engagement beendet.

INTERVIEW: PLUTONIA PLARRE