Pastor Terry Jones will den Koran verbrennen

USA Am Jahrestag der Attentate von 9/11 will der Prediger einer christlichen Sekte den Islam als „Teufelswerk“ austreiben – per Bücherverbrennung. Damit erregt er weltweit Aufsehen und Missbilligung. Jones wirkte zuvor viele Jahre als Sektenführer in Köln

„Auf eine seltsame Art muss ich das verteidigen“

MICHAEL BLOOMBERG

AUS WASHINGTON DOROTHEA HAHN

„Schändlich“, sagt die Außenministerin der USA. VertreterInnen sämtlicher Religionen, hochdekorierte Militärs, Massenmedien sowie das Weiße Haus kritisieren das Vorhaben. Und in Afghanistan, Pakistan und Indonesien wünschen Demonstranten „Amerika“ den Tod. Doch ein fundamentalistischer Pastor in Florida hält an seinem Vorhaben fest, am 11. September den Koran zu verbrennen. Zugleich erklärt in Manhattan ein – moderater – Imam, dass er nicht von seiner umstrittenen Moschee abrückt. Zwei Blocks von Ground Zero entfernt, will er ein muslimisches Zentrum eröffnen, das er als „Brücke zwischen den Religionen“ versteht.

Kurz vor dem neunten Jahrestag der Attentate von New York und Washington beherrschen damit religiöse Stimmen die Debatte in den USA. Beide Seiten nehmen für sich ein Grundrecht in Anspruch, das die US-Verfassung garantiert: die Freiheit des Glaubens und der Meinung. Pastor Terry Jones von der nur 50 Mitglieder starken „Dove World Outreach Center“ in Gainesville in Florida hat mit seiner lang angekündigten und in dieser Woche erneut bestätigten Bücherverbrennung zu einer Blitzkarriere im Fernsehen abgehoben. Nach eigenen Angaben hat er 150 Interviews gegeben. So oft konnte der 58-Jährige bislang erklären, dass „der Islam und das islamische Recht“ ein Teufelswerk seien und dass er Exemplare des Koran verbrennen will. Er gibt auch Tag und Uhrzeit für sein Vorhaben an: „Samstag von 18 bis 21 Uhr“. Pastor Terry Jones ist in Deutschland kein Unbekannter. Er lebte von 1981 bis zum Jahr 2008 in Köln, wo er die „Christliche Gemeinde Köln“ betrieb. Nach eigenen Erklärungen soll Gott ihn auf Mission nach Europa geschickt haben, um das Wirken Jesu auch auf diesem Kontinent zu verkünden. Die Sekte von rund 1.200 „Bibelfundamentalisten“ existiert noch heute in Köln, auch wenn ihre Mitgliederzahl auf die Hälfte geschrumpft sein soll. Als Oberhaupt dieser Gemeinde wurde Terry Jones im Jahr 2002 zu einer Geldstrafe von 3.000 Euro verurteilt, weil er einen in Deutschland nicht anerkannten Doktortitel geführt hat. Angeblich war ihm dieser Titel von einer kalifornischen Bibelschule ehrenhalber verliehen worden. Ende des Jahres 2008 setzte sich Pastor Jones dann reichlich überstürzt in die USA ab. Erklärt wird der überraschende Abgang mit finanziellen Unregelmäßigkeiten wie die Veruntreuung größerer Summen, die der Pastor sich habe zu Schulden kommen lassen. Sein spektakulärer Aufruf zur Bücherverbrennung wird deshalb auch mit möglichen Zusatzeinnahmen für den Pastor in den USA in Verbindung gebracht.

Weder die Mahnung des US-amerikanischen Oberbefehlshabers in Afghanistan, General David Petraeus, die Koranverbrennung würde die Sicherheit von US-Soldaten gefährden, noch antiamerikanische Demonstrationen weltweit beeindrucken den fundamentalistischen Pastor. Kritiker verweist er auf die US-Verfassung: „Das ist unser Recht – wir leben in Amerika“. Im Übrigen behauptet er ohne mit der Wimper zu zucken, er habe nichts gegen Muslime: „Sie sind willkommen in Amerika.“

Der einzige US-Spitzenpolitiker, der öffentlich Verständnis für die geplante Bücherverbrennung zeigt, ist zugleich einer, der auch das Moschee-Projekt in Manhattan unterstützt. „Auf eine seltsame Art muss ich das verteidigen“, sagt New Yorks Bürgermeister Michael Bloomberg am Dienstag auf einer Pressekonferenz zu dem Fundamentalisten in Florida: „Ich finde es geschmacklos. Aber die Verfassung schützt es. Und wir können nicht sagen, dass ein Grundrecht nur für Dinge gilt, die wir selber für richtig halten.“

Auf den New Yorker Bürgermeister beruft sich auch ein prominenter Imam. Feisal Abdul Rauf, Initiator des Moschee-Projekts an Ground Zero, ist rechtzeitig zum Jahrestag der Attentate wieder in den USA. Zuvor hat das Außenministerium in Washington ihm eine Vortragsreise durch arabische Welt finanziert, um „Toleranz und Freiheit des Glaubens“ zu predigen.

Zurück in den USA veröffentlicht Feisal Abdul Rauf einen Meinungsartikel, in dem er die potenziell positive Signalwirkung solcher Botschaften lobt. „Ein christlicher Präsident und ein jüdischer Bürgermeister unterstützten die Rechte der Muslime“, schreibt er in der Mittwochsausgabe der New York Times. Drei Tage vor dem 11. September erklärt er zugleich sein Vorhaben in Manhattan zu „Meilenstein für die amerikanisch-muslimischen Beziehungen.