Aufstand der Bezirksfürsten

FINANZEN I Die Sparpläne von Finanzsenator Frigge sorgen für Widerstand bei den Bezirksamtsleitern. Die halten die Kürzungen beim Sozialen für nicht vertretbar

Fast alle der Bezirksleiter-Vorschläge landeten im Müll, kaum einer auf der Frigge-Liste

Sie schimpfen, und das ist milde formuliert, doch offiziell zitiert werden, das wollen sie nicht. Sieben Bezirksamtsleiter gegen Finanzsenator Carsten Frigge (CDU), so lautet die Front im großen Sparstreit. Die CDU-Bezirksbürgermeister agieren ein wenig moderater, die Kollegen von der SPD ein bisschen aufgeregter. Millionen will Frigge in den Bezirken sparen und die Axt vor allem an soziale Angebote anlegen. Arbeit mit Kindern, Jugendlichen, Eltern, Migranten und Behinderten – all das steht auf dem Prüfstand.

„Unverantwortlich“ nennt einer der Bezirksfürsten Frigges Rotstiftliste und ein anderer hält sie „für nicht vertretbar“. Sie sind nicht gut auf den Finanzsenator zu sprechen, seit dieser sie, die Bezirksamtsleiter, ganz einsparen wollte. Der Vorschlag ist vom Tisch, doch nicht vergessen. Das Tischtuch zwischen dem offiziell für die Bezirke verantwortlichen Senator und denen, für die er zuständig ist, ist zerschnitten.

Das Sparpaket könnte vieles zerstören, was in den vergangenen Jahren mühsam aufgebaut wurde. Da ist die Mütterberatung, die noch vergangenes Jahr für ihre hervorragende Arbeit ausgezeichnet wurde, nun aber geschlossen werden soll. Außerdem soll bei der schulärztlichen Versorgung gekürzt werden – also dort, wo die Vernachlässigung von Kindern entdeckt werden kann. Und bei den Elternschulen, wo sich Väter und Mütter aus verschiedenen Kulturen treffen. „Es bringt nichts, wenn sich irgendwelche Leute in den Fachbehörden Gedanken machen, wie Migranten und Deutsche am besten miteinander in Kontakt kommen und gleichzeitig die soziale Treffpunkte, in denen Integration praktisch funktioniert, abgeschafft werden“, sagt einer der Bezirksamtsleiter.

Bitter ist für die Bezirksamtsleiter auch, dass die meisten von ihnen eigene Sparvorschläge in Millionenhöhe vorgelegt haben, nachdem sich ihre Ämter wochenlang den Kopf darüber zerbrochen hatten, wo im Bezirk welcher Euro noch eingespart werden könnte. Fast alle dieser Vorschläge landeten im Müll, kaum einer auf der Frigge-Liste. Der Senator, der die Bezirksamtsleiter abschaffen wollte, regiert nun, als sei ihm sein Vorhaben gelungen.

Als Frigge und die entmachteten Bezirksfürsten sich am vergangenen Dienstag nach einer zweistündigen, teilweise sehr lautstark geführten Diskussion über die Sparvorgaben trennten, wurde kein neuer Termin vereinbart. Warum auch – man hatte sich ohnehin nichts mehr zu sagen.

„Wir sind am Ende unseres Lateins“, sagt einer der Teilnehmer der Runde. Knapp zwei Wochen bleiben den Bezirkschefs noch, um den Widerstand gegen Frigge zu organisieren. Am 22. September will der Senat auf seiner Haushaltsklausur die Sparvorschläge in Beschlüsse ummünzen. Die renitenten Bezirksamtsleiter werden an diesem Tag draußen vor der Tür bleiben. HASMIK EPISKOPOSIAN / MARCO CARINI