Unesco-Brücke vor Gericht

Regierung ordnet Brückenbau im Dresdner Elbtal an. Weil der Stadtrat munter dagegenhält, muss nun der Kadi über Brücke und Weltkulturerbe entscheiden

DRESDEN taz ■ Das Regierungspräsidium Dresden und damit die Sächsische Staatsregierung setzen im Streit mit der Unesco über den Bau Waldschlösschen-Elbbrücke weiterhin auf Konfrontation. Gestern vergab das Präsidium die ersten Bauaufträge – wiewohl der Oberbürgermeister Lutz Vogel (parteilos) Widerspruch gegen diesen faktischen Baubeginn eingelegt hatte. Die Stadtratsmehrheit aus Linkspartei, SPD, Grünen und Teilen der Bürgerfraktion hatte ihn dazu aufgefordert. Damit soll die Aberkennung des Weltkulturerbe-Titels für das Dresdner Elbtal vermieden werden, den die Unesco für den Fall eines Baustarts der Brücke angedroht hat.

Das Regierungspräsidium meint, die Stadt sei nach dem positiven Bürgerentscheid vom Februar 2005 verpflichtet, die Brücke zu bauen. Am 1. September endet die vergaberechtliche Zuschlagsfrist für die Bauaufträge. Nach unbestätigten taz-Informationen drohen sonst Regressforderungen in Höhe von mindestens 10 Millionen Euro. Der Stadtrat habe auch keinen Beschluss für einen zweiten Bürgerentscheid gefasst, der unter den veränderten Welterbe-Gesichtspunkten den ersten aufheben könnte. Die erforderliche Zweidrittelmehrheit scheitert bislang an FDP und CDU.

Die Stadt rief gestern das Verwaltungsgericht an, das nun über die Rechtmäßigkeit der sogenannten Ersatzvornahme durch das Regierungspräsidium entscheiden muss. In der Sondersitzung des Stadtrates war eine solche Delegierung der politischen Verantwortung an die Gerichte von mehreren Seiten als die schlechteste Lösungsvariante des festgefahrenen Konfliktes bezeichnet worden.

Das amtierende Stadtoberhaupt Lutz Vogel befindet sich außerdem in einer Art Zweifrontenkrieg. Aus den gleichen Gründen, die das Regierungspräsidium anführt, muss er zum wiederholten Male auch Widerspruch gegen Teile der Stadtratsbeschlüsse einlegen, um der Bindekraft des Bürgerentscheids Rechnung zu tragen. Die Stadtratsmehrheit ging am Donnerstagabend sogar so weit, auch den Antrag auf Planfeststellung für die Brücke zurückzuziehen. Sie folgte der Rechtsauffassung des Dresdner Völkerrechtlers Ulrich Fastenrath, der die Nichtberücksichtigung der Welterbekonvention als Rechtsverstoß bezeichnet hatte. Damit besteht de jure gar kein Baurecht mehr.

Die Stadtspitze wurde zudem beauftragt, nach einem Konsens mit der Unesco zu suchen – und Land wie Bund um Vermittlung zu bitten. MICHAEL BARTSCH