Genmais im Anflug

Das Landwirtschaftsministerium in Hannover gibt Entwarnung: An Gerüchten über kommerzielle, gentechnisch veränderte Maisfelder sei nichts dran. Es gibt aber ministeriell geförderte Versuchsfelder. Und die Agrarindustrie scharrt mit den Hufen

von Esther Geißlinger

Gentechnisch veränderter Mais im Landkreis Soltau-Fallingbostel? Großflächig angebaut, um Biogas-Anlagen zu befeuern?Und Niedersachsens Landwirtschaftsminister Heiner Ehlen (CDU) signalisiert Wohlwollen?

Dominik Mayer, Sprecher des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums, sagte auf Anfrage sofort: „Nein, da gibt es kein Projekt.“ Nichts sei geplant, weder im Kreis Soltau-Fallingbostel noch sonst wo, nicht einmal eine entsprechende Biogas-Anlage gebe es im Kreis: „Ich habe extra noch mal in der Fachabteilung nachgefragt, da ist nichts geplant.“

Offenbar, vermutete er, eine fehlgegangene „Stille Post“. Die hatte der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion, Dieter Möhring, auf den Weg geschickt, nicht still allerdings, sondern als ganz offizielle Anfrage ans Ministerium: „Von wem und zu welchem Zeitpunkt liegen der Landesregierung Anträge auf Anbau und Verwertung von für Energiegewinnung gentechnisch verändertem Mais vor?“

Möhring bezog sich dabei auf einen Zeitungsartikel, in dem über den Fall berichtet wurde. Auskunft Mayer: „Keiner ist an uns mit einem Antrag herangetreten. Der Minister hat nur gesagt, er könne sich vorstellen, gentechnisch veränderte Pflanzen für Biogas-Anlagen einzusetzen.“

Überhaupt unterstütze das Ministerium aktiv keinerlei Aktivitäten rund um die grüne Gentechnik, versicherte der Sprecher beruhigend. Zwar ist sein Chef Heiner Ehlen ein erklärter Freund der neuen Technik, doch bisher offenbar immer eher theoretisch: „Wir treten für die Gleichberechtigung der Anbauweisen ein. Dass ein Landwirt genveränderte Pflanzen anbauen darf, ist klar. Es geht jetzt nur um das Wie.“

Das sehen nicht nur Öko-Landwirte und Berufsgrüne anders. Die Kritiker fürchten, dass sich die im Labor verbesserten Gewächse in freier Wildbahn ausbreiten, andere Arten verdrängen oder durch Kreuzungen das Erbgut verwandter Pflanzen dauerhaft verändern. Zurzeit wird auf Bundesebene heftig über die Frage diskutiert, wie die Felder anderer Landwirte und damit Nahrungsmittel geschützt werden, wenn der Nachbar Genmais oder Genweizen aussät. Sogar dem CSU-Generalsekretär Markus Söder wird offenbar mulmig bei dem Gedanken, die Büchse der Pandora sperrangelweit aufzureißen: In einem Zeitungsartikel warnte er vor diesem Eingriff in die Natur.

In Niedersachsen scheint alles ruhig – ob überhaupt irgendwo im Land genveränderte Pflanzen grünen und blühen, konnte Ministeriumssprecher Mayer nicht einmal beantworten.

Er könnte Hans-Jürgen Klein fragen, den agrarpolitischen Sprecher der Grünen im Landtag. Der weiß, wie aktiv die Regierung ist, wenn es um die Förderung von Gen-Projekten geht. So gab es 600.000 Euro für eine Versuchsreihe, bei der grüne Gentechnik gegen Pilzbefall bei Weizen und Kartoffeln eingesetzt werden. „Das ist das doch ein deutliches Zeichen für ein Land, das ständig über knappe Mittel klagt.“

Dazu kämen „viele kleine Auseinandersetzungen im verbalen Bereich“. Unterschriftenlisten gegen den Einsatz von Gentechnik auf dem Feld wollte Umweltminister Sander nicht einmal entgegennehmen: „Er hatte keine Zeit“, sagt Klein.

Zwar gibt es zurzeit in Niedersachsen lediglich einige gentechnisch veränderte Versuchsfelder sowie „einige Privatleute, die Mais im Vorgarten anbauen“, so Klein. Aber das kann sich ändern. Denn eine Gruppe von Landwirten aus mehreren nord- und ostdeutschen Bundesländern will den Anbau von Genmais vorantreiben. 20 Agrarunternehmer aus Brandenburg, Mecklenburg- Vorpommern, Niedersachsen, Sachsen und Sachsen- Anhalt haben kürzlich die „Arbeitsgemeinschaft Innovativer Landwirte“ gegründet. Die Gruppe verstehe sich als „Verband zur Förderung und Nutzung der Pflanzenbiotechnologie“, sagt Uwe Schrader, der Vorstandschef von Verbandsmitglied InnoPlanta.

Welche weiteren Personen und Firmen sonst beteiligt sind, wird nicht verraten. Aber in der Antwort auf eine Kleine Anfrage des Grünen Klein an das Landwirtschaftsministerium heißt es: „Nach unserem Kenntnisstand befindet sich in der Arbeitsgemeinschaft ein Mitglied aus Niedersachsen. Dieses betreibt keinen kommerziellen Anbau transgener Pflanzen. Nach Rückfrage bei der Innoplanta Agil werden derzeit keine Auskünfte über die Mitglieder erteilt, um vorkommende „Anfeindungen zu vermeiden.“

Anfeindungen müssen sie zumindest von Seiten der niedersächsischen Landesregierung nicht erwarten.