Anschlag in Islamabad überschattet Waffenstillstand

PAKISTAN Schwerster Anschlag in der Hauptstadt seit sechs Jahren stellt Gespräche mit Taliban in Frage

VON SASCHA ZASTIRAL

BANGKOK taz | Attentäter haben bei einem Angriff auf ein Gericht in Pakistans Hauptstadt Islamabad am Montag mindestens elf Menschen getötet und etwa zwei Dutzend verletzt. Die Angreifer stürmten den Gerichtskomplex am Morgen, als sich dort gerade viele Menschen für die Verfahren des Tages versammelten, und schossen um sich. Sie drangen auch in das Büro eines Richters ein und töteten ihn, ebenso mehrere Anwälte.

Es war der schwerste Anschlag in Islamabad, seit Attentäter 2008 einen riesigen Sprengsatz vor dem Marriott-Hotel detonieren ließen. Seitdem gleichen große Teile der pakistanischen Hauptstadt einer Festung.

Dass sich bei dem neuen Angriff auch zwei Selbstmordattentäter in die Luft sprengten, legt eine islamistische Terrorgruppe als Täter nahe. Ein Sprecher der Pakistanischen Taliban (TTP) wies eine Verantwortung seiner Organisation allerdings zurück. Die pakistanischen Taliban würden sich an die Waffenruhe halten, die sie am Samstag einseitig ausgerufen hatten, erklärte er.

Diese ausgerufene Waffenruhe ist Teil von Verhandlungen, die Pakistans Premierminister Nawaz Sharif derzeit mit den Militanten zu führen versucht. Der im vergangenen Jahr wiedergewählte Regierungschef will die Militanten durch Gespräche in den politischen Mainstream einbinden und zum Aufgeben der Gewalt ermutigen.

Eigentlich begannen die Gespräche, bei denen konservative Geistliche als Unterhändler für die Taliban auftreten sollen, bereits vor einem Monat. Kurz nach ihrem Beginn ermordeten Militante jedoch rund zwei Dutzend Grenzschutzsoldaten, die sie in ihre Gewalt gebracht hatten. Sharif musste der Armee die Möglichkeit geben, sich für die Morde zu revanchieren. Kampfflugzeuge bombardierten angebliche Taliban-Verstecke im Nordwesten des Landes.

Nun soll es einen weiteren Anlauf in Richtung Gespräche geben. Kaum jemand glaubt jedoch, dass diese viel bringen werden. Die TTP weigert sich von Anfang an, die Verhandlungen anzuerkennen. Sie lehnt diese ab und fordert einen streng religiösen Staat in Pakistan wie jenen, den sich ihre Namensvettern im benachbarten Afghanistan in den 1990er Jahren erkämpft hatten.