Anschläge im türkischen Touri-Paradies

Bei mehreren Bombenexplosionen in Antalya, Marmaris und Istanbul werden drei Menschen getötet und über vierzig verletzt. Militär und Medien vermuten kurdische Täter. Anschläge begleiten Amtsantritt des neuen türkischen Armeechefs Büyükanit

AUS ISTANBUL DILEK ZAPTCIOGLU

Im Urlauberort Antalya sind gestern drei Menschen bei einer Explosion ums Leben gekommen. Nach türkischen Fernsehberichten ereignete sich die Detonation im Zentrum der Großstadt am Mittelmeer. Mindestens 18 Menschen wurden dabei verletzt. Zuvor waren im türkischen Tourismuszentrum Marmaris 27 Menschen durch eine Bombenexplosion verletzt worden, darunter zehn britische Urlauber. Das Außenministerium in London gab eine Warnung wegen „erhöhter Terrorgefahr“ aus. Sechs Istanbuler wurden am selben Abend von einem Sprengsatz getroffen, der im Armenviertel Bagcilar detonierte. Es handelt sich bei allen Opfern um Passanten und, wie in Marmaris, Passagiere im Nahverkehr.

Sicherheitsbehörden und Medien gehen von kurdischen Tätern aus. Die „Freiheitsfalken Kurdistans“ (TAK) haben sich allein in diesem Jahr zu zwei ähnlichen Bombenanschlägen in einem Istanbuler Supermarkt und an den Wasserfällen von Manavgat am Mittelmeer bekannt.

Die fast zeitgleich stattfindende Anschlagsserie in Marmaris und Istanbul erinnert an die Methoden der Islamisten, auch wenn diese in der Regel schwerere Bomben verwenden: Zuerst explodierte eine Bombe in dem Minibus, in dem eine britische Touristengruppe saß. Drei Briten wurden mit schweren Verletzungen auf die Intensivstation gebracht. Die nicht allzu starke Bombe war offenbar unmittelbar unter ihren Sitzen explodiert. Nach etwa einer Stunde explodierten fast zeitgleich zwei kleinere Sprengsätze in Mülleimern an stark frequentierten Hauptstraßen in der Innenstadt von Marmaris.

Der Gouverneur von Marmaris und der Polizeipräsident der Stadt äußerten gleich den Verdacht, dass die kurdische PKK beziehungsweise ihre Untergruppe TAK hinter den Anschlägen steckte. Die Armee schickte eine Gendarmerie-Einheit ins Gebiet, die Ein- und Ausfahrten unter Kontrolle brachte.

Die Anschläge treffen den Tourismus in der Region viel stärker als in den vergangenen Jahren. Die Saison verlief aufgrund von allgemeiner Terrorangst und der Fußball-WM in Deutschland ohnehin sehr schlecht. Marmaris war im Sommer buchstäblich leer geblieben und hoffte zum Schluss auf einen guten Sommerausklang. Man setzte dabei vor allem auch auf die Kreuzfahrtschiffe, die wohlhabendere Urlauber an Land spülen als die britischen „Underdogs“, die Marmaris’ Straßen traditionell bevölkern. Wenn britische Urlauber ausbleiben, ist Marmaris wie ausgestorben.

Der Verdacht auf die PKK ist nicht unbegründet. Sie könnte die Anschlagsserie im berühmtesten Urlaubsort der Türkei als ein „Willkommensgeschenk“ an den neuen Chef der türkischen Streitkräfte, Yasar Büyükanit, geplant haben. Büyükanit übernahm gestern das Amt des Generalstabschefs der Armee von seinem Vorgänger Hilmi Özkök. Damit beginnt in der Türkei eine neue Ära, in der die Gewalt im Zusammenhang mit der Kurdenfrage eskalieren wird. Der neue Armeechef ist ein erklärter Gegner der „Feinde des Einheitsstaats“. Bei einer Feier in der vergangenen Woche machte er deutlich, dass er öffentlich einen viel schärferen Ton wählen wird als sein Vorgänger und sich öfter in die Politik einmischen will: „Wer die Türkei spalten oder aus ihr eine andere Republik machen will, wird in seinem eigenen Sumpf ertrinken“, sagte Büyükanit. Dabei hat er die städtischen, laizistischen Türken, die der Kurdenfrage überdrüssig sind, auf seiner Seite. In den vergangenen Wochen soll die türkische Armee gemeinsam mit den Iranern die PKK-Stellungen im Nordirak bombardiert haben.