leserinnenbriefe
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Ein alter Trick der Branche

■ betr.: „Verkehr. Luftfahrt hält sich für umweltfreundlich“,taz vom 10. 9. 10

Es ist ein alter Trick der Branche, die Umweltbelastung auf den Personenkilometer zu beziehen. Auf einen Kilometer scheint das dann günstig zu sein. Dabei wird unterschlagen, dass Flugreisen immer über Hunderte oder Tausende Kilometer führen – und dann sieht die Gesamtbelastung der Umwelt schon ganz anders aus.

HELMUT RICHTER, Frankfurt am Main

Gute Lobbyarbeit

■ betr.: „Die Atomspaltung“ u. a., taz vom 13. 9. 10

Wäre die Bundesrepublik Deutschland politisch und wirtschaftlich nicht so bedeutend, sondern irgendein Staat außerhalb der EU-/G-8-Welt, würde das ganze Thema „Atomkonsens“ im Zuge der üblichen Korruptionsaffären schlicht versickern. Eigentlich ein typischer Fall für Transparency International und für den Compliance-Beauftragten der Bundesregierung. Aber die hat ja keinen. Ansonsten: gute Lobbyarbeit. Glückwunsch! WOLFGANG SIEDLER, Langenhagen

Kritik durch Provokation

■ betr.: „Medienpreis für Kurt Westergaard“, taz vom 9. 9. 10,Leserinbrief: „Missverständliche Karikatur“, taz vom 14. 9. 10

Angelika Hamlaoui bezichtigt Kurt Westergaard, für die bei Ausschreitungen gegen die Karikaturen zu Tode gekommenen Menschen verantwortlich zu sein. Dabei sind es die radikalen Muslime, die diese Menschen getötet haben. Kurt Westergaard hat eine gewalttätige Tendenz im Islam kritisiert (ob zu Recht oder nicht) und dabei ein Tabu gebrochen, das nur für die Muslime selbst gelten kann – wenn sie es sich auferlegen. Und im Gegensatz zu dem christlich-fundamentalistischen Prediger in Florida bestand seine Intention nicht darin, Hass zu schüren, sondern per Provokation Kritik zu üben. Frau Hamlaoui sollte ihre Anklage gegen die arabischen Aufhetzer richten, nicht gegen sich friedlich äußernde, ihr aber nicht zusagende Grafiker.

Wenn man als Muslim keine Kritik an seiner Religionslehre vertragen kann, dann hat man das Prinzip der freiheitlichen Demokratie nicht begriffen oder akzeptiert es nicht. Der oft beschworene „Dialog“ kann nicht darin bestehen, einander Nettigkeiten zu sagen, sondern er beginnt erst mit dem Austausch kritischer Meinungen. Dass viele Menschen (Atheisten, Christen und andere) angesichts durchaus problematischer Elemente des Islam wie des Verbots des „Abfalls“ von ihm, des Anspruchs auf endgültige Wahrheit („Siegel des Propheten“) und der bedauerlichen Tatsache, dass die rückständigsten und brutalsten Staaten des Nahen Ostens sich selbst als „islamisch“ bezeichnen (man stelle sich vor, Deutschland würde sich heute als „christliche Republik“ konstituieren, was gäbe das für einen Aufschrei – und zu Recht), den Islam als Lehre nicht mit Frieden und Freiheit gleichsetzen, sollte als Denkanstoß einfach zur Kenntnis genommen werden. MAIK HARMS, Hamburg

Wer streiten will, der streitet

■ betr.: „Konservativ-radikale Väterrechtler“,taz vom 13. 9. 10

In der Debatte um Scheidung und Folgen zeigt doch dieser Leserinbrief die Kehrseite der so gescholtenen Väterrechtler, die mit der Prägung konservativ-radikal sicherlich richtig bezeichnet werden. Aber dazu dann die Gegenseite herauszukehren, die das Bild des allzeit gewaltbereiten Mannes zeichnet, hilft ja keinen Schritt weiter. Das Interview mit R. Sonnenberger („Wer nicht mitmacht, verliert“, taz vom 6. 9. 10) zeichnet ein Bild der Väter, die um ihre Kinder kämpfen, das durchaus respektabel erscheint. Kommunikation, Mediation und Trennungstherapie in Folge einer strittigen Scheidung sind geradezu zwingend. Trotz bester Absicht gelingt es vielen Paaren nicht, ihre Beziehung nur als Eltern ausgeglichen zu gestalten.

Dass Frauenhausbetreiberinnen einen einseitigen Blick auf Männer haben können, will ich gar nicht anzweifeln. Aber es gibt noch viele andere da draußen. So wie es prügelnde Partner gibt, sind es auch Frauen, die zu gut 50 % ihre Kinder schlagen. Frauen, die ihre Kinder ermorden. Und was hilft das, es zu benennen, mit der Intention, jeglichen Dialog zu eskalieren? Es gibt Dinge, die kann kein Gesetz regeln und wer streiten will, der streitet, auch wenn die eigenen Kinder dabei auf der Strecke bleiben. Aber so wie es konservativ-radikale Väter gibt, so gibt es konservativ-radikale Mütter. Beides sollte baldmöglichst der Vergangenheit angehören – indem man positivere Beispiele noch stärker herausstellt. JÖRG RUPP, Malsch