Die EU will mit Krediten und Sanktionen helfen

DIPLOMATIE In Brüssel und Paris suchen Diplomaten nach einem Weg aus der Krise. Militärbeobachter treffen in Kiew ein

„Ich erwarte, dass die Ukraine eine Vereinbarung mit dem IWF unterzeichnet“

EU-KOMMISSIONSPRÄSIDENT JOSÉ MANUEL BARROSO

BRÜSSEL/MOSKAU/PARIS/BERLIN dpa/afp | Die Europäische Union bietet der Ukraine Finanzhilfen in Höhe von insgesamt 11 Milliarden Euro in den kommenden Jahren an. „Wir wollen helfen, die wirtschaftliche und finanzielle Lage der Ukraine zu stabilisieren“, sagte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso am Mittwoch in Brüssel. Das von russischen Energielieferungen abhängige Land steht nach eigenen Angaben vor der Pleite.

Wichtigste Bestandteile des Hilfsangebots: Die Ukraine erhält 3 Milliarden Euro aus dem EU-Budget, davon 1,4 Milliarden Zuschüsse und 1,6 Milliarden Euro Kredite als Zahlungsbilanzhilfe.

Hinzukommen sollen von der Europäischen Investitionsbank Kredite über weitere 3 Milliarden Euro für den Zeitraum zwischen 2014 und 2016. Die EU-Kommission rechnet außerdem mit Hilfen der Europäischen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) in Höhe von 5 Milliarden Euro.

Geld und Strafen

Die EU will aber nicht nur mit Geld helfen. Die Kommission schlägt auch vor, dass die im – noch nicht unterzeichneten – Assoziierungsabkommen zwischen EU und Ukraine enthaltenen Zollerleichterungen für Exporte der Ukraine in die EU einseitig in Kraft gesetzt werden.

„Ich erwarte, dass die Ukraine eine Vereinbarung mit dem IWF unterzeichnet“, sagte Barroso auf die Frage nach Vorbedingungen für die Finanzhilfen. „Es ist wichtig, dass die Regierung sich zu Reformen verpflichtet und dazu, alle Teile der Bevölkerung zu vertreten.“ Die EU bot darüber hinaus an, die Verhandlungen über eine Liberalisierung der Vergabe von Visa an ukrainische Bürger zu „beschleunigen“. Viele von ihnen könnten dann ohne Visum in die EU reisen. EU-Kommissionspräsident Barroso sagte, er rechne fest damit, dass dieses Hilfspaket am Donnerstag von den Staats- und Regierungschefs der EU-Staaten bei einem Sondergipfel in Brüssel gebilligt werde.

Auf der anderen Seite will die EU die Konten von 18 Ukrainern einfrieren, die sie für Gewalt und Menschenrechtsverletzungen während der politischen Umwälzungen in dem Land verantwortlich macht. Die Namen der Betroffenen sollen am Donnerstag im Amtsblatt der EU veröffentlicht werden und die Sperre dann in Kraft treten.

Unklar blieb zunächst, ob die Strafmaßnahme auch auf den entmachteten Präsidenten Viktor Janukowitsch oder Angehörige seiner Familie zielt. Auf dem Brüsseler Sondergipfel soll es zudem darum gehen, ob – und welche – Sanktionen gegen Russland beschlossen werden. Auch die USA erwägen diesen Schritt wegen des russischen Vorgehens auf der Halbinsel Krim. Die Regierung in Moskau hat für diesen Fall bereits eigene Strafen für europäische und amerikanische Unternehmen angedroht.

In Paris beschäftigten sich internationale Diplomaten am Mittwoch ebenfalls mit der Krise: Die Ukraine-Kontaktgruppe suchte nach einer Lösung. Zum ersten Mal seit Beginn der Krimkrise trafen sich US-Außenminister John Kerry und sein russischer Kollege Sergei Lawrow zu einem Gespräch, an dem laut Radio France International auch der deutsche Minister Frank-Walter Steinmeier und der französische Laurent Fabius teilnahmen. Im Vorfeld hatten Großbritannien und die USA Lawrow zu einer Begegnung mit dem ukrainischen Kollegen Andrei Deschtschiza gedrängt.

In der Ukraine trafen unterdessen am Mittwoch 35 unbewaffnete Militärbeobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) ein. An der Beobachtermission sind auch zwei Deutsche beteiligt. Die ukrainische Regierung in Kiew hatte die OSZE eingeladen. Die Außenminister der Ukraine, der USA und Großbritanniens forderten, sofort internationale Beobachter in den Osten des Landes und auf die Krim zu schicken.

Derweil warf die Kiewer Regierung Russland vor, russische Soldaten hätten zwei ukrainische Raketenstützpunkte auf der Krim am Mittwoch teilweise unter ihre Kontrolle gebracht. Die Raketen seien aber bereits zuvor von den Stützpunkten entfernt oder „abgerüstet“ worden, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in Kiew.

Ukrainische Einheiten richteten nach eigenen Angaben Kontrollen an den Zufahrtsstraßen zur Krim ein. Die Regierung wolle das Eindringen von Provokateuren verhindern, die der prorussischen Führung der Autonomen Halbinsel zu Hilfe kommen, sagte Vizechef des Grenzdienstes Pawel Schischolin.