OFF-KINO: Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet
„Wir machen, was wir schaffen, und was wir nicht schaffen, bleibt liegen.“ Aus den Worten der Karpatenbewohner, die Andrzej Klamt und Ulrich Rydzewski 2004 für ihre Dokumentation „Carpatia“ vor die Kamera holten, erspürt man den eigenen Lebensrhythmus, den diese Menschen sich in ländlicher Abgeschiedenheit jenseits von Stress und Hektik bewahrt haben. Die Regisseure porträtieren all die verschiedenen Volksgruppen, Kulturen und Religionen in den Anrainerstaaten des mächtigen Mittelgebirges mit seinen nebelverhangenen Gipfeln: Ukrainische Landwirte, polnische Künstler, slowakische Illusionisten und ein aus einer Sintifamilie stammender rumänischer Schmied erzählen von ihrem Alltag in den dörflich geprägten Gemeinschaften und bringen dabei Themen wie Religiosität, Engstirnigkeit, Einsamkeit, aber auch Freiheit zur Sprache. Aber natürlich befindet sich auch diese Gesellschaft im Wandel: Der Abbau von Bodenschätzen zerstört einmal mehr die Natur – doch die junge Generation erkennt im technischen Fortschritt nur die Chancen. (OmU, 16.–22. 9. Kino Krokodil)
Umweltveränderungen und die damit verbundenen Probleme stehen auch in den meisten Produktionen des Animationsfilmers Jacques-Rémy Girerd im Mittelpunkt. Sein Film „Das Geheimnis der Frösche“ erzählt zunächst mit hellen, freundlichen Farben von den kleinen Abenteuern des Bauern Ferdinand und seiner afrikanischen Frau Juliette, die das Adoptivkind Tom und das zeitweilige Pflegekind Lili betreuen. Doch dann spült eine Sintflut die Idylle der Patchwork-Familie hinweg, die sich mit Farm- und Zootieren auf eine Arche retten kann, wo bald heftige Spannungen zwischen Pflanzen- und Fleischfressern auftreten. Nun wird’s eher düster und dramatisch, und die pädagogische Absicht, die Notwendigkeit der Toleranz zu betonen, rückt ins Zentrum der Geschichte. (22. 9. Filmmuseum Potsdam)
Die Veränderung unserer Gesellschaft durch die neuen digitalen Welten und Dienste nehmen der japanische Regisseur Mamoru Hosoda und sein Drehbuchautor Satoko Okudera in dem ebenso amüsanten wie intelligenten Animefilm „Summer Wars“ aufs Korn: Sie erzählen von einer virtuellen Welt namens „Oz“, die neben Konsum- und Entertainmentangeboten aller Art längst auch die Dienstleistungen der Kommunen verwaltet: Ohne das weltumspannende Netzwerk geht etwa bei der Feuerwehr, in der Verkehrsleitzentrale und im Krankenhaus überhaupt nichts mehr. Doch dann stiftet der Killer-Avatar „Love Machine“ im Oz-Netzwerk eine gewaltige Verwirrung, die schnell auch auf die reale Welt übergreift – und nun bedarf es der weit verzweigten Familie der jungen Natsuki, die sich auf ihre alte Samurai-Tradition besinnt und den Kampf gegen den verspielten Internet-Killer aufnimmt. Hosoda aktualisiert damit das Thema, das ihn auch schon in seinen „Digimon“-Filmen interessierte: Wenn die Technik außer Kontrolle gerät, müssen die Menschen wieder zusammenstehen und sich auf ihre eigenen Stärken besinnen. (OmU, 19. 9. Sputnik) LARS PENNING
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