Eine Stunde pro Quadratmeter

Der AStA will die Generationen zusammenbringen: Ab Oktober sollen Studierende bei allein lebenden Senioren einziehen. Ihre Miete zahlen sie durch Haushaltshilfe ab

Eine Wohngemeinschaft mit Studierenden statt einem Umzug ins Pflegeheim

von SILKE BIGALKE

Rasenmähen, Kücheputzen, Einkaufen – das könnte bald die neue Währung auf dem Hamburger Wohnungsmarkt sein. Zu Beginn des kommenden Semesters gilt sie zumindest in besonderen Wohngemeinschaften, in denen Senioren Studierende mietfrei bei sich leben lassen. Diese leisten im Gegenzug Hilfe im Haushalt – monatlich eine Stunde pro Quadratmeter Wohnfläche.

In München, Köln oder Berlin läuft das Projekt „Wohnen für Hilfe“ bereits seit mehreren Jahren mit einigem Erfolg. Solche Generationen-WGs auch in Hamburg einzurichten, war die Idee des BWL-Studenten Timur Gubaev. „Studenten haben wenig Geld“, sagt er, „und Senioren oft zu wenig Gesellschaft“. Er sieht die Wohngemeinschaft für viele ältere Menschen als Alternative zum Umzug ins Pflegeheim. Mit Unterstützung ihrer jungen Zimmernachbarn könnten sie in ihrer vertrauten Umgebung wohnen bleiben.

Als Wohnpartner möchte Gubaev vor allem ausländische Studierende vermitteln, für deren Belange er sich ansonsten auch im Allgemeinen Studierenden-Ausschuss (AStA) engagiert. „Nichts ist schwieriger, als in einem fremden Land ein Zuhause zu finden“, weiß der 25-Jährige, der im Kaukasus aufgewachsen ist. „Wer sie bei sich aufnimmt, kann eine neue Kultur kennen lernen.“

Die Vermittlung und Betreuung der Wohngemeinschaften organisiert der AStA der Universität. Hier füllen Interessenten einen Bewerbungsbogen aus, auf dem sie persönliche Wünsche angeben können, etwa zur Küchennutzung, zu Haustieren oder Übernachtungsbesuch. Danach suchen Gubaev und der AStA-Referent für Service, Torsten Weigelt, nach einem passenden Wohnpartner und helfen beim Mietvertrag. Denn das Zusammenleben von Senioren und Studierenden braucht eine gute Vorbereitung und klare Regeln. „Jedes Paar verabredet selbst, welche Aufgaben der Student erledigen soll“, erklärt Weigelt. In jedem Fall ausgeschlossen sind solche Leistungen, für die sonst ein Pflegedienst zuständig wäre. Bereits im Oktober soll die erste WG zusammenziehen, hofft Weigelt.

Die stellvertretende Vorsitzende des Hamburger Landesseniorenbeirates, Irmgard Wolff, hat von dem Projekt „Wohnen für Hilfe“ zuvor nie etwas gehört. Im Gespräch mit der taz bekundet sie spontan Interesse. Sie sagt aber auch, dass man den Paaren viel Zeit lassen soll, sich aneinander zu gewöhnen. „Ein solches Zusammenleben“, so Wolff, „hat einen familienähnlichen Charakter“. Das Wichtigste sei, dass beide Beteiligten auf die Bedürfnisse des anderen Rücksicht nehmen. Dann habe die Generationen-WG viele Vorteile für Senioren. Die 73-Jährige möchte dem Beirat vorschlagen, dem AStA bei der Vermittlung von Wohnpartnern zu helfen. Auch in Hamburg gebe es „viele Senioren“, sagt Wolff, die „auf mehr Kontakte zu jungen Menschen warten“.