Gnade vor Unrecht

Keine Sanktionen brauchen die Mitarbeiter zu fürchten, die vor dem Landeskrankenhaus (LKH) Tiefenbrunn bei Göttingen gegen die Privatisierungspläne der niedersächsischen Landesregierung protestiert haben. Das teilte gestern ein Sprecher des Sozialministeriums mit. „Für weitere dienstrechtliche Maßnahmen“, so die Erklärung wörtlich, „gibt es keinen Anlass“. Die CDU-FDP-Koalition in Hannover plant seit längerem acht niedersächsische LKHs zu veräußern.

Das Klinikpersonal in Tiefenbrunn hatte daraufhin Kaufinteressenten daran gehindert, die Einrichtung zu betreten. Heftige Kritik hatte das Sozialministerium am Mittwoch ausgelöst, als es einen Bericht zu den Vorgängen angefordert und den Beteiligten Disziplinarmaßnahmen angedroht hatte. Unterdessen erneuerten die SPD-Landtagsfraktion und die Gewerkschaft ver.di ihre Forderung nach einem Stopp des Verkaufsverfahrens. Hintergrund ist der Verdacht, dass die Unternehmensberatung Pricewaterhouse Coopers (PWC), die das Land bei dem Bieterverfahren begleitet, nicht unabhängig ist. PWC wird mit der Schweizer Ameos-Gruppe in Verbindung gebracht, die mehrfach als Nutznießer der Klinikprivatisierungen aufgefallen ist. Auch am LKH Tiefenbrunn hat der Gesundheitsdienstleister Interesse signalisiert. SPD, Grüne und Gewerkschaft befürchten sowohl den Ausverkauf der Psychiatrie als auch die Benachteiligung lokaler Bieter gegenüber Multis. dpa/taz