Türöffner Türkisch

Mit dem Schwerpunkt „Türkei in Hamburg“ hofft die Volkshochschule deutsches und türkisches Publikum anzulocken. Es gibt Schnupperkurse, Lesungen, Diskussionen und „Türkisch für Verliebte“

Von PHILIPP RATFISCH

Manchem wird die Situation bekannt vorkommen: An der Bushaltestelle unterhalten sich zwei Menschen auf türkisch – und man versteht rein gar nichts. Um daran etwas zu ändern, bietet die Hamburger Volkshochschule (VHS) im kommenden Herbst- und Frühjahrssemester den Themenschwerpunkt „Türkei in Hamburg. Merhaba! – Guten Tag!“ an.

„Das Thema Integration ist oft nur unter dem Vorzeichen ‚fehlende Integration‘ behandelt worden“, sagt Pressesprecherin Ute Haacke. Die VHS wolle aber „nicht Defizite und Fehler hervorheben, sondern neugierig machen aufeinander“, erklärt sie den Ansatz des Projektes. In über 50 von insgesamt 7.000 Kursen sollen Deutsche und Türken die jeweils andere Lebensart kennen lernen. Von Ausstellungen und Lesungen bis zu gesellschaftspolitischen Kursen, Projekten und Podiumsdiskussionen reicht das Spektrum der Angebote, für die Hamburgs Erster Bürgermeister Ole von Beust (CDU) die Schirmherrschaft übernommen hat.

Neben den obligatorischen Deutsch- und Türkisch-Sprachkursen stehen auch Schnupperkurse auf dem Programm. Dort können Türkisch-Interessierte in wenigen Stunden ausprobieren, ob ihnen die Sprache liegt. Auch einen Kurs „Türkisch für Verliebte“ wird es geben.

Türkisch lernen kann man bei der Volkshochschule schon länger, allein in Jahr 2006 haben 220 Menschen Kurse belegt. Die Hamburgerin Barbara Figge hat vor einigen Jahren mitgemacht. Auf die Idee kam sie, als sie im Hamburger Schanzenviertel unterwegs war, einem Stadtteil, in dem auch viele Türken wohnen. „Ich bin neugierig“, sagt sie. „Ich verstand nicht, was die Leute neben mir sagten, und das nervte mich.“ Außerdem brauchte sie die Sprachkenntnisse beruflich, denn sie arbeitete damals im Empfang bei einer türkischen Frauenärztin. Den oft älteren türkischen Damen per Telefon Termine abzusagen, konnte da zum Problem werden. „Wenn der Sohn oder die Tochter in der Nähe waren, ging das, sonst war das schwierig“, erinnert sich Figge an die Sprachbarrieren.

Die meisten Kurse richten sich eben an Menschen wie Barbara Figge – also vor allem die deutschsprachige Bevölkerung. Hannelore Bastian von der Geschäftsführung der VHS hofft aber, so auch verstärkt das Interesse der türkischen Bewohner wecken zu können. „Wir denken, dass die Volkshochschule in der türkischen Gemeinschaft zu wenig bekannt ist“, sagt Bastian. „Wir wollten mal sehen, ob man mit solchen Angeboten die Tür noch weiter aufmachen kann.“ Ute Haacke fügt hinzu: „Ganz wichtig ist, dass wir nicht als VHS für die Türken planen, sondern mit der Türkischen Gemeinde zusammen.“ Denn die hat das Programm mit ausgearbeitet.

Die Veranstaltungen sollen vor allem in den durchmischteren Stadtteilen realisiert werden. „Uns liegt daran, dass die Leute sich vor Ort austauschen können“, erklärt Evelyn Mewes, die den Themenschwerpunkt koordiniert. So sind in Altona und Wilhelmsburg unter dem Motto „Türkisches Leben im Stadtteil“ gemeinsame Besuche geplant, um das multikulturelle Miteinander dort zu erfahren. „Konkrete Begegnungen sind am besten, um Vorurteile abzubauen“, ergänzt VHS-Pädagoge Rainer Tamchina.

Das Projekt ist im Norden in dieser Form bisher einmalig. Die Bremer Volkshochschule lehnt es ab, eine einzelne Einwanderergruppe hervorzuheben. „Wir ziehen es vor, das Leben mit vielen Kulturen in den Mittelpunkt zu stellen“, erklärt Direktorin Barbara Loer. In Hannover hat es zwar ebenfalls noch nie einen Schwerpunkt Türkei gegeben. Doch Leiter Dietrich Burggraf sagt: „Wir haben traditionell ein breites Grundangebot zum Thema Türkisch – das ist bei uns ein sehr umfangreicher Bereich.“ Auch seine VHS arbeitet dabei – wie die in Hamburg – mit türkischen Vereinen und Verbänden zusammen und bietet dezentrale Angebote in den Stadtteilen.

Viel ist von Barbara Figges Türkischkenntnissen inzwischen nicht mehr übrig. Seit sie ihren Job gewechselt hat, wendet sie die Sprache nicht mehr an. Gebracht habe es aber trotzdem etwas, findet sie. Denn verstehen könne sie immerhin noch einiges. Und: „Ich kann meine türkischen Nachbarn erfreuen, indem ich ihnen guten Tag sagen kann.“