: Dr. Wu und seine Frauen
TV Risikominimierung beim ZDF: „Der Doc und die Hexe“ (20.15 Uhr)
Früher war alles besser, das Fernsehen sowieso. Zum Beispiel die Mehrteiler. Zum Beispiel die schönen Abenteuervierteiler im ZDF. In den Siebzigern war das. Heute ist ein Zweiteiler das Äußerste. Da kann bei „Der Doc und die Hexe“ (Teil zwei am Mittwoch) natürlich nicht irgendwer Regie führen, es muss schon ein altgedienter Profi sein. Wie Vivian Naefe, die seit einem Vierteljahrhundert Filme dreht. Die Schauspieler müssen bekannt und beliebt sein. Wie die quirlige Christiane Paul, der „Tatort“-erprobte Dominic Raacke, der niedliche Wotan Wilke Möhring.
Auch das Genre muss bewährt sein. In Mainz bekommen sie noch heute feuchte Augen, wenn sie, früher war alles besser, an die „Schwarzwaldklinik“ denken. Unser Zweiteiler spielt also zwingend in einem Krankenhaus: Die Paul ist ja tatsächlich gelernte Ärztin, und der Raacke kriegt einfach eine dicke Nerd-Hornbrille auf die Nase, dann nimmt man ihm den Chefarzt schon ab. Natürlich steht das Krankenhaus im Jahr 2010 nicht im Wald und auch nicht am Rande der Stadt, irgendeiner Stadt, sondern in der Mitte der Hauptstadt.
Braucht es sonst noch was? Ach, der Plot. Dr. Wu (Wu für Wunderlich) fasst ihn gegenüber seinem Beichtvater so zusammen: „Meine Frau versucht, mein Leben in geordnete Bahnen zu lenken. Meine Geliebte will nur Sex von mir. Mein Sohn ist Asthmatiker und sagt, ich kenne ihn nicht. Die Frau, die ich liebe, hat ihm das Leben gerettet, und zum Dank dafür bin ich dabei, an ihrem Stuhl zu sägen.“ Es ist die gute alte „Boy-meets girl“- oder „Was sich liebt, das neckt sich“-Geschichte, Intrigen und Happy End inbegriffen. Dazu noch ein bisschen TCM (= traditionelle chinesische Medizin). Bei einem Zweiteiler darf man kein Risiko eingehen. JENS MÜLLER
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen