: Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen
Wozu Theater alles gut sein soll! Nun kann man hier auch noch seinen Lebensmenschen finden! Und da man selbigen ja leicht verpassen mag, wenn man gemeinsam im Dunkel des Zuschauerraums hockt und aneinander vorbei Richtung Bühne auf diejenigen blickt, die im Lichte der Scheinwerfer dort oben Leben spielen, hat der österreichische Schauspieler und Regisseur Michèl Keller die Sache nun auf den Kopf gestellt: Er holt nämlich jene, die auf der Suche nach einem Partner sind, auf die Bühne ins Licht, auf dass sie sich dort direkt begegnen und miteinander ins Gespräch kommen können. Und dabei will er hier seine Probanden nicht etwa als Singlespezialisten des Alltags einem Publikum zwecks Belehrung vorführen, sondern die Akteure spielen und ihr Schicksal beeinflussen lassen. Mit Hilfe von Methoden des Improvisationstheaters ist dem ersten Date der Stress genommen, Gesprächsthemen an den Haaren herbeizuziehen. Im sicheren Zwischenraum des Als-ob kann man sich zunächst an die Frage herantasten, ob man seinem Gegenüber im richtigen Leben überhaupt näher kommen will. Man kann aber auch erst mal den anderen beim Spiel des Lebens zuschauen, bevor man sein eigenes beginnt. „Improdating“ heißt das Theater-ist-Leben-Spiel. Weltpremiere dieses Kontakttheaters ist am Sonntag im Theater BühnenRausch in der Erich-Weinert-Straße 27. Und sonst? In der Schaubühne zeigt die britische Video- und Performancekünstlerin Katie Mitchell ab Samstag ihre Version von August Strindbergs Klassenschrankentragödie „Fräulein Julie“. Und im Deutschen Theater fasst Andreas Kriegenburg ab Freitag Shakespeares „Sommernachtstraum“ als Reise durch die Fantasien torschlusspanischer Metropolenbewohner auf. Einfach nur Theater mit einem Stück also aus Zeiten, als es noch kein Improdating gab.
■ Improdating: BühnenRausch, ab Sonntag, www.improdating.de
■ „Fräulein Julie“: Schaubühne, ab Samstag
■ „Sommernachtstraum“: Deutsches Theater, ab Freitag
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